Seltsame Deutschlandbesuche Hoheit in Unterhosen

Diener, die auf Knien rutschen müssen, ein König in knappen Höschen, Drogen- und Waffenhandel: Regenten aus fremden Ländern pflegen auf Besuch in Deutschland fragwürdige Sitten - sie reichen von kurios bis kriminell.
Bayern-Besucher Vajiralongkorn (l., mit Partnerin Suthida auf dem Münchner Flughafen 2016): Nur ein Süppchen konsumiert

Bayern-Besucher Vajiralongkorn (l., mit Partnerin Suthida auf dem Münchner Flughafen 2016): Nur ein Süppchen konsumiert

Foto: "Bild" Leser-Reporter

Ein gestandenes Traditionsgasthaus wie der Stern in Unterammergau birgt viele Geschichten, lustige und deftige. Dem Oberbayern ist normalerweise nichts Menschliches fremd, wenn er ein paar Halbe Bier zu viel genossen hat.

Vergangenen Sonntag ereignete sich indes dort eine Episode, die für Aufsehen sorgte. Das Jägerstüberl im Stern, ausgestattet mit Wildschweinfell und Hirschgeweihen, war reserviert für einen zahlungskräftigen Gast, den neuen thailändischen König Rama X. samt 30-köpfiger Entourage. Der 64-Jährige unterhält in Tutzing am Starnberger See eine Luxusvilla als Feriensitz. Bei mildem Frühlingswetter hatte er sich zu einer Fahrradtour durchs Ammergau entschieden.

Dass die Welt von seinem Auftritt erfuhr, ist einem zufällig im Stern eingekehrten Reporter des "Garmisch-Partenkirchner Tagblatts" zu verdanken. Der schilderte später, wie der Monarch, der unter dem Namen Maha Vajiralongkorn bekannt ist und als "Prinz Playboy" durch den Boulevard tourte, gegen 18 Uhr im Hof der Gastwirtschaft eintraf, begleitet von einer Gruppe schwarz gekleideter Bewacher mit Fahrradhelmen und seiner Lebensgefährtin Suthida.

Spektakulär das Outfit des königlichen Paares: Der Regent trug nach der Mountainbike-Tour lediglich ein schwarzes T-Shirt und eine winzige Unterhose. Seine Begleiterin sei in einem ebenfalls "sehr knappen Höschen" erschienen, berichten Beobachter.

Das mag alles Geschmackssache sein, als demütigend wurde indes das Gebaren des Monarchen gegenüber seinem Gefolge bewertet. Kaum hatten sich König und Freundin verschwitzt auf Stühlen im Hofraum niedergelassen, warf sich die Dienerschaft auf die Knie und schrammte über den Kies, um Handtücher und Getränke zu reichen. Rückwärts auf Knien rutschend, entfernte sich der Hofstaat dann wieder.

So was hatte man in Unterammergau noch nicht gesehen, auch wenn Rama X. davor angeblich schon sieben- oder achtmal im Stern Rast gemacht hatte. Einheimische empörten sich über "Sklavenhaltung", ein justiziabler Vorgang war es nicht.

Warten auf den König: Der blaue Porsche von Rama X. auf dem Parkplatz zum Hausberg des Skigebiets Garmisch, wo Thailands König zum Skilaufen war

Warten auf den König: Der blaue Porsche von Rama X. auf dem Parkplatz zum Hausberg des Skigebiets Garmisch, wo Thailands König zum Skilaufen war

Foto: Jochen Leffers/ SPIEGEL ONLINE

Andere Länder, andere Sitten. Die Unterwerfung des Personals ist nicht das einzig Sonderbare, das so mancher fremde Regent dem Gastland zumutet. Protokollchefs von Bundes- und Landesregierungen stöhnen häufig über Sonderwünsche. Etwa den von Queen Elizabeth, für ihre Bootstour auf der Spree einen unscheinbaren Kahn zu nutzen, nur in Gesellschaft des Bundespräsidentenpaares. Für das Protokoll problematisch, da Bilder mit der Königin einer großen Seefahrernation auf einem adäquaten Schiff geplant waren.

Um Unmögliches möglich zu machen, reagieren deutsche Gastgeber schon mal spontan. "Wenn man es mit Sicherheitsbedenken begründet, kann man fast alles durchsetzen", sagt ein Protokollchef. So erlaubte man dem inzwischen verstorbenen saudischen König Abdullah, seine Limousinen auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor zu parken. Das Wahrzeichen Berlins glich dem Einfahrtstor einer bewachten Luxusgarage, weil der solvente Gast im Hotel Adlon abstieg und seine Flotte in der Nähe haben wollte. Schwedens König Carl XVI. Gustaf war dagegen 2016 vom Programm am Brandenburger Tor im Regen offenbar so genervt, dass er sich mit ein paar Tanzschritten einfach aus dem Staub machte.

Heikler wird es, wenn Verbrechen aus Gründen der Staatsräson nicht verfolgt werden dürfen. So hatten bayerische Ermittler spätestens seit 2007 starke Indizien dafür, dass Saif al-Arab, der inzwischen verstorbene Sohn des einstigen libyschen Herrschers Gaddafi, in München in Drogen- und Waffenhandel involviert gewesen sei, Personal und Prostituierte misshandelt habe und einen Leibwächter aufgefordert habe, einem Türsteher das Gesicht zu verätzen. Einschreiten durften sie nicht.

Vater Gaddafi hatte dem Auswärtigen Amt ausrichten lassen, man könne nur schwer für die Sicherheit der Deutschen in Libyen garantieren, sollte sein Sohn weiter behelligt werden. Die Drohung wirkte. Lieber ein Drogenhändler mehr als entführte oder tote Landsleute im Nahen Osten, befanden Auswärtiges Amt und bayerisches Innenministerium. Münchens Polizeipräsident musste dann mit Saif al-Arab zu Abend essen und höflich um mehr Gesetzestreue bitten.

Einmal zumindest blieben die Behörden hart. Vergangenen Sommer wollte Scheich Mohammed Bin Raschid Al Maktum, Herrscher von Dubai, am Trinkwasserreservoir Dhünntalsperre in Nordrhein-Westfalen ein Picknick veranstalten. Das aber verwehrte ihm die Kreisverwaltung. Die Gefahr für Mensch und Natur sei zu groß, so die Begründung. Der Scheich plante um und ließ eine Wiese neben den naturgeschützten Krickenbecker Seen bei Nettetal mähen. Dort errichtete man für ihn weiße Pavillons, und sein Hofstaat rauschte mit 25 Leuten und Diplomatenautos ins Grüne.

Der Trip des thailändischen Königs nach Unterammergau endete unspektakulär. Rama X. und Begleiterin entschwanden rasch im blauen Porsche, es sei, heißt es, nur ein Süppchen konsumiert worden. Gut für das ergebene Personal: Das durfte sich am übrig gebliebenen Buffet bedienen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren