Ausland
Vor zehn Jahren ließ Russlands Präsident Wladimir Putin den reichsten Mann seines Landes wegsperren: den Oligarchen Michail Borissowitsch Chodorkowski, heute 50. "Ich verkörpere alle drei Generationen der Rothschild-Dynastie: die Generation der Räuberbarone, diejenige, die das Geschäft konsolidierte, und diejenige, die in den Adel aufstieg", hat Chodorkowski einmal festgestellt - ehe er am 25. Oktober 2003 verhaftet und wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und Diebstahls zu fast elf Jahren Haft verurteilt wurde.
Noch als Funktionär der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol hatte er 1988 unter Michail Gorbatschow eine Banklizenz ergattert. Mit 30 Jahren kontrollierte er etliche Banken, eine Stahlhütte und Russlands größten Titanproduzenten. 1995/96 konnte Chodorkowski die Mehrheit an der Ölfirma Jukos weit unter Marktwert kaufen und brachte es später zu einem Vermögen von acht Milliarden Dollar. Es war die Zeit, als Russlands Wirtschaftsführer ihre Reichtümer auch jenseits der Legalität zusammenrafften und sogar Auftragsmorde zum Geschäft gehörten. Einmal traktierte Chodorkowskis Sicherheitsdienst zum Beispiel Vertreter von Minderheitsaktionären mit vorgehaltener Maschinenpistole. Chodorkowski sagt zu solchen Vorwürfen, kein einziger Konflikt sei bei Jukos "physisch gelöst" worden.
In den vergangenen zweieinhalb Jahren führten Chodorkowski und der Moskauer SPIEGEL-Korrespondent Matthias Schepp einen Briefwechsel - der hier erstmals in Auszügen veröffentlicht wird. Es geht um Chodorkowskis Haft, seinen Gegenspieler Putin und die Demokratie in Russland.