KONSUM „Weniger verbrauchen“
Werbeagenturchef Michael Volkmer, 48, über seine Initiative "Zeit statt Zeug", über deren Website man Zeit statt Konsumgüter verschenken kann
Volkmer: Es gibt eine Gegenbewegung. "Zeit statt Zeug" existiert seit etwa einem Jahr, seitdem haben wir 17 000 Zeitgeschenke ausgeliefert.
SPIEGEL: Wie kam es zu der Initiative?
Volkmer: Es gibt den Earth Overshoot Day, an dem die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen die Reproduktion dieser Ressourcen übersteigt. Normalerweise müsste der Tag am 31. Dezember eines Jahres sein. Tatsächlich aber rückt er immer weiter nach vorn, jetzt sind wir schon bei August. Wir müssen einfach weniger verbrauchen.
SPIEGEL: Steht Ihr Plädoyer für Konsumverzicht nicht im Widerspruch zu Ihrem Job als Werber?
Volkmer: Ich bin überzeugt, dass globale Konsumgüterhersteller langfristig nur überlebensfähig bleiben, wenn sie Produkte anbieten, die einen gesellschaftlichen Mehrwert haben. Auch Autohersteller müssen sich fragen: Was machen wir eigentlich übermorgen? Da kommt man schnell auf das Thema Mobilität allgemein. Mit Car-Sharing zum Beispiel ist ein neues, nachhaltiges Geschäftsfeld entstanden.
SPIEGEL: Ist die Forderung nach Konsumverzicht nicht elitär?
Volkmer: Nein, es geht um bewussten Konsum. Ein Beispiel: Auch Menschen mit geringem Einkommen bestellen sich bei Amazon eine Bohrmaschine. Was wäre, wenn Amazon einem Interessenten vorschlägt: "Leih sie dir vom Nachbarn, der hat erst kürzlich eine gekauft." Durch die Datenerhebung wäre das möglich - und Amazon könnte auch daran verdienen.
SPIEGEL: Mehr Zeit haben die Menschen damit auch nicht gewonnen.
Volkmer: Aber es bewirkt ein Innehalten: Benötigt meine Frau wirklich das dritte Fläschchen Parfum? Vielleicht gefiele ihr ein Waldspaziergang mit mir viel mehr.