Die falsche Deutsche Bank
Die Deutsche Bank war einmal ein Symbol für die Wirtschaftskraft des Landes. Geführt wurde sie von Persönlichkeiten wie Hermann Josef Abs oder Alfred Herrhausen, die in Deutschland und darüber hinaus hohes Ansehen genossen.
Heute ist die Bank ein Schatten ihrer selbst. In der Liga globaler Finanzkonzerne hat sie den Anschluss zu den vorderen Rängen verloren. An ihrer Spitze stehen Anshu Jain und Jürgen Fitschen, zwei Männer, die sich mühen, die Bank aus einer Krise zu führen, die sie selbst zu verantworten haben. Damit sind sie überfordert.
Jetzt versprechen die beiden Vorstandschefs zum wiederholten Mal einen Neuanfang. Wieder legen sie eine Strategie vor, mit der sie den Niedergang der Deutschen Bank aufhalten wollen. Ein wirklicher Neuanfang muss aber an der Spitze ansetzen, mit einer anderen Führung.
Der Abstieg der Deutschen Bank begann mit dem Einstieg ins angelsächsisch geprägte Investmentbanking. Damit sollte sie noch bedeutender werden, sie wollte auf Augenhöhe mit amerikanischen Instituten wie Goldman Sachs kommen.
Plötzlich stand für die Deutsche Bank nicht mehr das klassische Kreditgeschäft im Zentrum, sondern der schnelle Deal. Plötzlich hatten die smarten Jungs aus den Handelsräumen das Sagen, für die es nur zwei Mantras gibt: "profit, profit, profit" und den Bonus, der für sie herausspringt.
Vor allem in den wilden Jahren vor der Weltfinanzkrise im Jahr 2008 haben die Investmentbanker ihre Macht missbraucht. Sie haben betrogen, manipuliert und sich dabei die eigenen Taschen gefüllt. Ihr Anführer war, so sagt er es selbst, Anshu Jain.
Die Deutsche Bank leidet bis heute unter dem Sittenverfall durch die Übernahme der Investmentbanker. Sie muss noch immer Milliardenstrafen für die früheren Verfehlungen bezahlen. Und sie müsste längst eingesehen haben, dass sie in einer strategischen Sackgasse steckt, weil sie sich abhängig gemacht hat von jenen Händlern, die für einen Großteil der Gewinne verantwortlich waren - und nun für Strafen in astronomischer Höhe.
Als Anshu Jain die Führung der Bank übernahm, argumentierte der Aufsichtsratschef Paul Achleitner, niemand sei mit dem Investmentbanking so vertraut wie Jain, und deshalb könne dort auch kein anderer so konsequent aufräumen wie er.
Diese These klang abwegig und ist längst widerlegt. Wie sonst kann es sein, dass Aufsichtsbehörden mehrmals und überaus scharf moniert haben, dass die Deutsche Bank die Aufklärung der Skandale behindert?
Anshu Jain fehlt die moralische Autorität, die Bank zu einen und zu führen. Jürgen Fitschen sollte das Bindeglied zwischen angelsächsischen Investmentbankern und deutschen Traditionalisten sein, aber er kann den Graben nicht überbrücken; als Korrektiv ist er zu schwach. Außerdem ist er desavouiert, da er in München gemeinsam mit seinen Vorgängern Josef Ackermann und Rolf Breuer wegen versuchten Prozessbetrugs vor Gericht steht.
Als Aufsichtsratschef begeht Paul Achleitner daher einen Fehler, wenn er die Zukunft dieser für die deutsche Wirtschaft noch immer so wichtigen Bank weiterhin in den Händen des Duos Jain/Fitschen belässt. Was die beiden als neue Strategie verkaufen, ist der Versuch, sich an der Macht zu halten.
Deutschland braucht eine starke, veränderte Deutsche Bank. Die Unternehmen, die das Land zum Exportweltmeister machen, sind auf ein Institut angewiesen, das ebenso international ausgerichtet ist wie sie selbst.
Was Deutschland jedoch nicht braucht, ist eine Deutsche Bank mit einem riesigen Handelsgeschäft, das mit Hedgefonds und anderen Finanzkonzernen schnelle Geschäfte macht, bei denen Risiko und Ertrag in keinem angemessenen Verhältnis stehen.
Einige Einschnitte im Investmentbanking sind geplant, aber sie fallen zu bescheiden aus und sind womöglich kurzlebig. Denn mit dem geplanten Verkauf der Postbank verschiebt sich das Machtzentrum im Konzern weiter zu den Investmentbankern, von Frankfurt am Main nach London und New York.
Jain, Fitschen und Achleitner erklären die Probleme der Deutschen Bank vor allem damit, dass sich Ermittler, Regulierer und Medien gegen sie verschworen hätten. Die Larmoyanz ist absurd. Strengere Regeln sind notwendig, und natürlich gelten sie für sämtliche Finanzinstitute. Die Höhe der Geldbußen - gerade eben weitere 2,5 Milliarden Dollar für die Libor-Manipulation - hat das Management der Deutschen Bank durch sein Verhalten provoziert.
Jain, Fitschen und Achleitner sind dabei, die Chance auf Erneuerung verstreichen zu lassen. Die Deutsche Bank hat eine andere Führung verdient. Und Deutschland eine bessere Bank.