Bundeswehr KSK suchte heimlich G36-Nachfolger
Die Bundeswehr suchte offenbar schon vor fünf Jahren nach Ersatz für ihr dauerfeuerkränkelndes Sturmgewehr G36 - versteckte das Projekt aber unter einem anderen Namen. Im Sommer 2010 schrieb das Wehrbeschaffungsamt ein "Scharfschützengewehr kurze Reichweite" (SSGkRw) aus. Aus dem Lastenheft geht jedoch hervor, dass damit eigentlich zwei verschiedene Waffen gesucht wurden: ein Scharfschützengewehr für die Feldjäger, das es ermögliche, "Ziele bis 300 m sicher und präzise zu bekämpfen" - und ein Gewehr für das Kommando Spezialkräfte (KSK), das "als Besonderheit dem Schützen auch Feuerstöße ermöglichen" soll. Damals gab es bereits erste Hinweise auf die Probleme mit dem G36 von Heckler&Koch. Im Sommer 2011 wurden dann bei der Wehrtechnischen Dienststelle vier Modelle getestet, darunter das HK 416, das Modell 516 von Sig Sauer und die Solid von Schmeisser - allesamt eindeutige Sturmgewehre. "Uns war klar, dass es sich bei dem Scharfschützengewehr kurzer Reichweite für das KSK schon aufgrund der technischen Anforderungen in Wahrheit um ein Projekt zur Anschaffung eines neuen Sturmgewehrs handelte", sagt ein Ingenieur einer der beteiligten Waffenfirmen. Von bis zu 5000 neuen Gewehren sei die Rede gewesen. Einer der beteiligten Hersteller warb gegenüber Vertretern der norwegischen Armee im Dezember 2010 ganz offen damit, bei seinem Produkt handle es sich um das Gewehr, das an der Ausschreibung "zur Ersetzung des veralteten HK G36" bei den Spezialkräften teilnehme. Insider vermuten hinter der Ausschreibung für das vermeintliche Scharfschützengewehr ein Tarnprojekt des Verteidigungsministeriums. "Da wurden zwei Beschaffungsaufträge vermengt, um die Suche nach einem G36-Nachfolger zu vertuschen", so ein Waffenentwickler. Auf Anfrage des SPIEGEL wollte sich das Ministerium dazu nicht äußern.