Lafontaine: Einschränkungen für Übersiedler
SPD-Vize Oskar Lafontaine hält neuen Zündstoff für die deutschlandpolitische Diskussion bereit. Juristen der Saarbrücker Staatskanzlei haben ihm einen Weg gewiesen, wie nach gegenwärtiger Rechtslage Übersiedlern aus der DDR der Zuzug ins Bundesgebiet verweigert werden kann.
Lafontaine hatte vorgeschlagen, künftig nur noch Übersiedler aufzunehmen, die sich bereits von der DDR aus Wohnung und Arbeit im Bundesgebiet besorgt haben.
Die Gutachter haben jetzt auf das weithin vergessene Gesetz von 1950 über die Aufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet verwiesen. Danach benötigen Deutsche, die bislang drüben wohnten, eine besondere Aufenthaltsgenehmigung, die von den Bundesaufnahmestellen in Berlin und Gießen erteilt wird.
Die Erlaubnis darf grundsätzlich nicht versagt werden bei Gefahr für Leib und Leben oder für die persönliche Freiheit der Übersiedler. Nach den politischen Veränderungen in der DDR, so die Gutachter, sei dieser Grund aber entfallen. Für die Zukunft empfehlen die Juristen, die gesetzliche Möglichkeit zur Einschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit zu nutzen.
Die Aufenthaltserlaubnis könnte allerdings nur dann versagt werden, wenn dem einzelnen Zuwanderer nachzuweisen wäre, daß er auf mittlere Sicht keine Chance auf Arbeit und Wohnung hat. Außerdem müßte ihm bewiesen werden, daß er auf Dauer eine besondere Last für die Allgemeinheit darstellt. Letztlich geben die Rechtsberater "zu erwägen", ob die Länder, die zur Aufnahme der Übersiedler verpflichtet sind, den Bund durch eine Verfassungsklage zwingen könnten, Aufenthaltsgenehmigungen zu verweigern.
Lafontaine ließ die Expertise inzwischen den Mitgliedern des Parteipräsidiums und den SPD-Ministerpräsidenten zur Prüfung zukommen. Auch hat er durchgesetzt, daß seine Vorschläge in die deutschlandpolitische Erklärung für den Berliner SPD-Parteitag eingearbeitet werden.
Im Entwurf, der in dieser Woche verabschiedet wird, werden - Originalton Lafontaine - zwei Aufgaben beschrieben: "die DDR wirtschaftlich zu stabilisieren, damit die Menschen dort eine Perspektive zum Bleiben haben . . . und zu verhindern, daß das Sozialsystem, der Arbeits- und Wohnungsmarkt der Bundesrepublik überlastet werden, während gleichzeitig die DDR ausblutet".