FEMINISMUS Blubbert und blubbert
Irgendwie" hatte die "Beziehung" mit dem Macker nicht hingehauen. Der war einfach nicht bereit, sich "inhaltlich" mit der "linken Frau, 24" zu beschäftigen, sich "wirklich einzubringen" und eine "gemeinsame Sexualität zu entwickeln".
Die linke Frau, "Radikal-Feministin" und "schwerpunktmäßig im Kampf gegen Leichtlohngruppen engagiert", tut alles, um sich "kommunikativ zu integrieren", sich "rüberzubringen", dem Macker "was zur Frauenfrage zu verklickern". Aber sie "kassiert nur nonverbale Körbe".
Arne heißt der Macker, der Chauvi, "schöne braune Augen" hat er, einen "schwarzen Pagenkopf und einen Schnurrbart", und bei Brokdorf und Gorleben steht er stets im ersten Glied, wenn "Action" angesagt ist. Er will schon eine "intensive Beziehung", aber auch "Freiheit", denn politisch gesehen ist er ein "Autonomer".
Vor drei Jahren war die - auch für den Leser - leidvolle Romanze zweier Szene-Kinder in einem kleinen Hamburger Links-Verlag ("Buntbuch") erschienen: "Der Tod des Märchenprinzen", ein "Frauenroman" von und mit Svende Merian (SPIEGEL 26/1981).
Svende Merian, eine Hamburger Studentin, hatte, auf über 350 Seiten und in feministischem Amtsdeutsch, ihre eigene Geschichte aufgeschrieben, und die wurde über Nacht zum Traumschiff für Tausende: Der "Märchenprinz" ging weg wie warme Simmel.
Über 60 000 Exemplare verkaufte der "Buntbuch"-Verlag, und Rowohlt, der im Sommer dieses Jahres die Rechte übernahm, hat seitdem 100 000 Stück abgesetzt. Das Wunder von Fatima wirkt, im Vergleich dazu, wie ein Dalli-Dalli-Rätsel.
Doch schon dräut neue Verwirrung, neues Rätselraten um den Märchenprinzen Arne: Ein Arne Piewitz hat sich zu Wort gemeldet. "Ich war der Märchenprinz" behauptet sein Büchlein _(Arne Piewitz: "Ich war der ) _(Märchenprinz." Buntbuch-Verlag, 120 ) _(Seiten; 9,80 Mark. )
(auch im "Buntbuch"-Verlag), und dieser Arne zieht gewaltig vom Chauvi-Leder.
Denn er schildert nun die Affäre mit der linken Frau Svende aus seiner Sicht, immer entlang dem Erzählstrang der Merian-Memoiren, Macker kontra Feministin. Das liest sich, logo, weitaus witziger als der Ur-"Märchenprinz"; Spott geht vor Herzeleid.
Beim ersten Spaziergang an der Elbe in Hamburg-Altona erzählt Svende, laut eigenem Buch, dem Arne, daß sie sich "im letzten halben Jahr selber aktiv isoliert" habe und dabei sei, sich eine "fundierte Einschätzung des historischen Faschismus zu erarbeiten". Arne in seinem Buch: "Sie blubbert und blubbert."
Immerhin: "Sie wirkt appetitlich" auf den Arne, "wie ein dotterfrisches Landei". Auch notiert er "sehr schöne Zähne"; das schätzt er, denn er kriegt "eine Wahnsinnssperre, wenn ich ein Trümmergrundstück küssen muß". Ein "hochklassiger Busen" fällt ihm ins Auge, "Arsch eine Idee zu flach".
Rein fleischlich gesehen, ist Arne zufrieden - "sie fickt ja wirklich wie eine Weltmeisterin". Doch bald braut sich eine finstere, eine feministische Wetterwand vor Arne auf - die linke Frau "leidet unter der am weitesten verbreiteten Szene-Krankheit: Sie ist manisch problem- und konfliktsüchtig".
Ob Verhütung oder Kneipe - "sie kommt mit diesem unerträglichen Politmackerton" und lauert wie eine "Krake" auf den autonomen Arne. Dem geht die Luft und die Lust aus. "Ich bin nicht gegen Frauen", beschließt er Buch und Beziehung, aber gegen das, was diese Frau "im Kopf hat".
Also sprach Arne - welcher Arne? Der Ur-Arne aus dem Svende-Buch, der nebenbei, ganz anders heißt, versichert dem SPIEGEL, er habe diese Macker-Konfession keinesfalls geschrieben; der anhaltende revolutionäre Kampf, in dem er nach wie vor steht, ließe ihm dazu wohl auch keine Muße.
Wer also verbirgt sich hinter dem Namen Arne Piewitz? Spürnasen tippten zunächst auf Hermann Peter Piwitt, einen Hamburger Literaten, der gern mal die Macho-Sau rausläßt. Aber Piwitt ist, irgendwie schwerpunktmäßig, damit ausgefüllt, sich selber zu parodieren.
Der Finger des Verdachtes richtete sich auf eine weitere Hamburger Institution, den aufgemischten Sprücheklopfer und einstigen "Pardon"-Chef Henning Venske. Er habe das "ausgezeichnete kleine Buch natürlich gelesen", gesteht der zur Satire neigende Mensch, und er habe den Eindruck, "das hat jemand geschrieben, der viel geraucht hat dabei", wohl keine Roth-Händle.
Mehr sagt er nicht, mehr sagt Svende Merian, die, nebenbei, auch ganz anders heißt. Sie kennt ihren Henning seit langem, hat mit ihm ein Buch herausgegeben ("Laßt mich bloß in Frieden!") und enttarnt ihn als den Schreibtischtäter "Arne Piewitz". Beweis?
Sie habe mal mit ihm ein Gespräch über Astrologie und Horoskope geführt - das finde sich wortwörtlich in "Ich war der Märchenprinz". Mittlerweile, das Büchlein verkauft sich hurtig, bekannte sich Venske selbst, in vertrautem Kreise, als Urheber.
Die Retourkutsche auf ihren "Märchenprinzen" nimmt Svende Merian als "Kompliment". Sie findet sich "genial parodiert" und "fiel vor Lachen unter die Bank". Den Kampfdreß der feministischen Wehrsportgruppe hat sie, mindestens innerlich, abgelegt; ihr jüngstes Buch, "Mutterkreuz" (bei Luchterhand), schrieb sie schon weitgehend in ihrer Muttersprache.
Der Erfolg ihres "Märchenprinzen" gibt ihr immer noch Rätsel auf, immer noch erhält sie Briefe, von Männern wie Frauen, an die 2000 sind es schon; die meisten suchen Rat bei ihr, schwerpunktmäßig zum Thema Beziehung und gemeinsame Sexualität.
Und ihren "Idealpartner" hat sie endlich auch gefunden, "Rühmann" ruft sie ihn. "Rühmann raucht nicht", lobt sie, "Rühmann trinkt nicht. Rühmann muckt nicht auf." Rühmann ist ein männliches Gerippe.