URTEIL Leo Wagner
Leo Wagner, 61, ehemaliger Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, der im Februar 1975 nach Bekanntwerden seines privaten Finanzdebakels das Amt niederlegen mußte, wurde jetzt von der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Bonn wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten mit Bewährung und 168 000 Mark Geldbuße verurteilt. Wagner hat, so das Urteil, seit Ende der sechziger Jahre über seine Verhältnisse gelebt und sich -- bei einem Monatseinkommen von über 11 000 Mark -- in "zunehmender Verschwendungssucht" in Kreditgeschäfte verstrickt, bei denen er längst abgetretene Bezüge betrügerisch immer wieder abtrat. Das Gericht billigte dem Ex-Abgeordneten strafmildernd lediglich "verminderte Schuldfähigkeit" zu. Die Frage, warum die Karriere Wagners, der mehr als ein Jahrzehnt lang über erheblichen Einfluß verfügte, erst Anfang 1975 beendet wurde, obwohl die chaotische Finanzsituation des Spitzenpolitikers seinen Parteifreunden seit langem bekannt war, konnte im Bonner Strafprozeß nicht beantwortet werden.