GESTORBEN RUPERT NEUDECK, 77
"Radikal sein, das heißt nicht feige und nicht opportunistisch sein", sagte er in einem Interview. Er selbst hat viel für seine Ideale riskiert. Der Journalist und Friedensaktivist verpfändete sein Haus und warb eineinhalb Millionen Mark Spendengelder ein, um mit Unterstützung des Schriftstellers Heinrich Böll vietnamesischen Flüchtlingen zu helfen.
Zwischen 1979 und 1982 rettete seine Organisation mit dem Frachter "Cap Anamur" 11 000 "Boatpeople" aus dem Südchinesischen Meer und brachte sie nach Deutschland – auch gegen behördliche Widerstände. "Es kann nicht wichtig sein, sich eine Erlaubnis zu holen, um Ertrinkende zu retten", sagte er.
Für den gebürtigen Danziger, der als Kind im Zweiten Weltkrieg mit seiner Familie vor russischen Truppen nach Nordrhein-Westfalen geflohen war, wurde das Engagement für Flüchtlinge und Entrechtete zu einer Lebensaufgabe.
Er betrieb mit seinem "Komitee Cap Anamur" auch Krankenhäuser in Ländern wie dem Sudan oder Afghanistan sowie Ambulanzen in Kolumbien und Äthiopien.
Auch während des Jugoslawienkriegs in den Neunzigerjahren organisierte er Hilfe für Vertriebene. Sein Motto: "Selbst anpacken und nicht erst lange auf den Staat warten".
Er war ein Vorarbeiter der Solidarität und des Gemeinsinns. Oft stieg er nach Feierabend am Freitag ins Flugzeug, verbrachte das Wochenende in einem Krisengebiet und saß am Montag wieder an seinem Schreibtisch in der Redaktion des "Deutschlandfunks". Seine Frau Christel und die drei Kinder sahen ihn öfter im Fernsehen als zu Hause im Wohnzimmer in Troisdorf bei Bonn.
Der Philosoph und Theologe, der mit einer Arbeit über "Politische Ethik bei Sartre und Camus" promoviert wurde, galt als brillanter Krisenmanager, der es verstand, die Öffentlichkeit für die Arbeit von "Cap Anamur" zu gewinnen. Sein Einsatz inspiriert bis heute Helfer weltweit.
Als er 2002 bei Cap Anamur ausschied, hieß es, er habe die Organisation bisweilen kompromisslos geführt.
Ein Jahr später rief er, gemeinsam mit Aiman Mazyek, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, die Grünhelme ins Leben – ein internationales, interreligiöses Friedenscorps. Der überzeugte Christ warb in seinen Texten bis zuletzt mit Verve für eine humane Flüchtlingspolitik.
Rupert Neudeck starb am 31. Mai nach einer Herzoperation.