Vorschau
Die Akte Joel
Mittwoch, 20.45 Uhr, Arte
"Man muss lernen, sich zu erinnern, ohne dabei verbittert zu sein. Sonst haben die Bad Guys gewonnen." Der das sagt, ist der Popstar Billy Joel, 52 ("Piano Man"). Die Filmemacherin Beate Thalberg hat die Geschichte seiner Familie recherchiert: Großvater Karl Amson Joel ist in den dreißiger Jahren Inhaber des zweitgrößten deutschen Textil-Versandhandels. Als Gestapo und SS seine Familie immer mehr drangsalieren, muss er das Geschäft abgeben - der Nazi-Staat überlässt es Josef Neckermann. Der macht im Krieg und in den Jahren des Wirtschaftswunders gute Geschäfte. Karl Amson Joel flieht in die USA und erholt sich nie mehr von dem wirtschaftlichen Ruin. Nach einem Wiedergutmachungsprozess zahlt Neckermann ihm eine Entschädigung, die nur einem Bruchteil des ehemaligen Firmenwerts entspricht. Howard Joel, sein Sohn, war als US-Soldat an der Befreiung des KZs Dachau beteiligt und weiß, "wenn mein Vater kein Geld für die Flucht gehabt hätte, wäre ich umgebracht worden, wie all die anderen". Er will nicht verzeihen. Seine Söhne Billy und Alexander denken anders darüber, obwohl sie überzeugt sind, dass Josef Neckermann seine Vergangenheit nie wirklich bereut hat. Für Thalbergs Dokumentation trafen sie sich mit den Neckermann-Enkeln. Ein beeindruckender Film über die unheilvolle Verstrickung zweier Familien, der völlig zu Recht die "Goldene Rose von Montreux 2001" gewonnen hat.
Hautnah - Spuren einer Modemesse
Mittwoch, 23.00 Uhr, ARD
Nur um Kleidung geht es in der Modebranche schon lange nicht mehr. Wichtig sind die "moods", die Stimmungen - sagt Margit Jandali, Organisatorin der Düsseldorfer Modemesse CPD. Ob ein Hauch von Safari oder Anklänge ans alte Babylonien: Der hinterste Winkel des Planeten wird geplündert, um die Sehnsüchte der Käufer zu wecken. Der Türke Ümit Ünal schickt Models in bestickten Nepal-Stoffen auf den Catwalk und avanciert damit zum Star der Messe. Er ist nur einer von vielen, die in Otto Jägersbergs Dokumentation die Hosen runterlassen. Die Modemacher eint der Zwang, sich von der Masse abheben zu müssen. Doch dem Zuschauer, der sich an all den Dessous, Dekors und Designs schnell sattgesehen hat, ist am Ende alles Jacke wie Hose.
Um Kopf und Kragen
Donnerstag, 22.15 Uhr, ZDF
Nachts schließen seine Leibwächter ihn ein. Und tagsüber macht Roberto Scarpinato keinen Schritt ohne die vier Männer, die mit entsicherten Pistolen neben, vor oder hinter ihm sind. Sie packen ihn, ziehen ihn an sich heran, drücken ihn zu Boden - um sein Leben zu schützen. Denn Scarpinato ist Mafia-Ankläger in Palermo, er hat viele Bosse der Cosa Nostra vor Gericht gebracht und den ehemaligen Ministerpräsidenten Italiens, Giuliano Andreotti. Wer diese Arbeit tut, der ist in Palermo tot - selbst wenn er noch lebt. "Ich habe mir so oft überlegt, wie mein Tod sein wird, dass ich keine Angst mehr vor ihm habe", erzählt Scarpinato in Carmen Buttas spannendem Porträt. Außerdem beschere ihm sein Leben ohnehin nicht mehr viel Freude: "Es wurde mir entwendet." Nicht einmal seine Terrasse darf er betreten, von Besuchen bei Freunden oder einem Spaziergang am Meer ganz zu schweigen.
Fargo
Freitag, 20.15 Uhr, RTL 2
Eine scheinbar idyllische, schneebedeckte Welt, durch die hin und wieder ein Auto fährt. Gelegentlich wagt sich jemand zu Fuß in die weite Weiße Minnesotas und gibt eine ideale Zielscheibe ab: Rotes Blut umrandet die Leichen im weißen Feld. Eine höchst suggestive Kriminalgroteske von Ethan und Joel Coen. Unvergesslich ist die Gestalt der Polizistin Marge (Oscar-prämiert: Frances McDormand): In wattierter Weste, Parka, Fellstiefeln, Fäustlingen und mit einer Fellmütze, auf der ein großer Stern prangt, schiebt sie im Watschelgang einen schweren Bauch vor sich her. Nie haben die Coen-Brüder eine Geschichte so detailreich und liebevoll erzählt wie diese aus dem Jahr 1996.
Tatort: Und dahinter liegt New York
Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Kurz vor Weihnachten hängt der Haussegen schief: Die Stimmung ist gereizt, das Geld für Geschenke knapp, Eltern und Kinder reden aneinander vorbei. Und dann liegt plötzlich eine Leiche im Schnee. Fast jeder aus dem Umfeld des Toten hätte ein Mordmotiv gehabt: Ehebruch, Eifersucht und Geldnot. Und allen gemeinsam ist der Wunsch, der Tristesse Real zu entkommen - weit weg wollen sie, am liebsten nach New York, raus aus ihrem schäbigen Münchner Vorort. Der 30. "Tatort" mit dem souveränen Trio Batic (Miroslav Nemec), Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Menzinger (Michael Fitz) ist ein klassischer Whodunnit (Buch: Friedrich Ani, Regie: Friedemann Fromm), lebt aber besonders von der genauen Zeichnung der Episodenfiguren.