VERERBUNG Generationen von Halbidioten
Die schönsten Jahre sind vorbei. Die Menschheit hat am Ende des vorigen Jahrhunderts den Gipfelpunkt ihres Lebensweges überschritten." Das lehrt Sir Charles Darwin, der heute 65jährige Enkel des "Abstammungs-Darwin", in seinem neuen Buch über die biologische und soziologische Entwicklung des Menschen.
Eine ähnliche Prophezeiung macht der amerikanische Vererbungsforscher Robert C. Cook in seinem vor kurzem in Deutschland erschienenen Buch "Wer wird morgen leben?"*). Aber während Darwin das künftige Elend auf "Die nächste Million Jahre"**) verteilt sieht, stellt der exakte Genetiker Cook seine düsteren Prognosen schon für die Söhne und Enkel der heute Lebenden.
"Ganze Armeen aufgedunsener, ausgemergelter, verhungernder Säuglinge: das ist das Erbe für mehr als die Hälfte der Kinder von morgen", beschwört Robert Cook die Menschheit. Wenn die heutige Entwicklung anhalte, befänden sich Amerika, England und andere westliche Länder schon in den nächsten hundert Jahren auf dem Wege, "Nationen von Halbidioten" zu werden.
Der Dozent für medizinische Erbforschung an der George-Washington-Universität. Robert C. Cook, zitiert als Kronzeugen für seine trüben Voraussagen Sir Cecil Burt, einen Psychologie-Professor an der Londoner Universität. Sir Cecil hat ausgerechnet:
* In etwa fünfzig Jahren werden nur noch halb so viele Schüler die Fähigkeiten haben, die für Universitäts-Stipendien gefordert werden.
* Die Zahl der Schwachsinnigen wird sich im gleichen Zeitraum fast verdoppeit haben.
Diese Prognose stützt sich auf die Ergebnisse von Massentests an Schulkindern. In einem Irrgarten verfänglicher Fragen mußten die Schüler zeigen, ob sie die ihrem Alter entsprechende Intelligenz haben. Der Unterschied zwischen ihrem Lebensalter und dem "geistigen Alter", das sich aus der Auswertung der Antworten ergibt, ist der Ausgangspunkt für die weiteren Berechnungen.
Die Psychologen bezeichnen diesen Unterschied als Intelligenzquotienten. Stimmen Lebensalter und geistiges Alter überein, dann wird als Intelligenzquotient die Zahl 100 eingesetzt. Wer seinem Lebensalter voraus ist, gilt als überlegen oder begabt und bekommt entsprechend höhere Ziffern. Zurückgebliebene Kinder werden niedriger eingestuft.
Und Psychologen und Erbforscher müssen heute resigniert beobachten:
* Der Intelligenzquotient sinkt im Durchschnitt um zwei Punkte je Generation.
Wenn die Entwicklung im gleichen Tempo anhält, dann wird schon nach drei bis fünf Generationen der durchschnittliche Intelligenzquotient auf die Zahl 90 gesunken sein. Bei dem Quotienten 90 aber beginnt die Geistesschwäche. Ein düsteres Fragezeichen für die Zukunft: wird es in der Welt von morgen nur noch Schwachsinnige geben?
"Die Welt füllt sich rapide an", hatte Professor Julian Huxley während seiner Amtszeit als Generalsekretär der UNESCO immer wieder gewarnt, "es gibt keine leeren Räume mehr, in die sich die menschliche Fruchtbarkeit ergießen kann". Eine Ernährungskatastrophe sei imminent.
Das Sturmzeichen: Jeden Tag nimmt die Weltbevölkerung um 68 000 Menschen zu. "Man stelle sich vor", mahnte Biologe Huxley, "365 neue Städte in jedem Jahr - Montag: Wittenberg, Dienstag: Hildesheim, Mittwoch: Bamberg und so weiter, an jedem der 365 Tage des Jahres!"
Fasziniert, aber hilflos beobachten die Wissenschaftler das Anschwellen der
Menschheit. Die tägliche Geburtenüberschußziffer klettert immer höher. "Schließlich hat sich die Prozentzahl der Zunahme, das Zinseszinsverhältnis, in dem sie ansteigt, um das Zehn- bis Zwanzigfache seit der Morgendämmerung der Geschichte, um das Dreifache in den letzten drei Jahrhunderten erhöht."
Das wäre Grund genug, Cooks Warnung ernst zu nehmen: "Nächst der Atombombe ist heute die unkontrollierte Fruchtbarkeit die unheilvollste Kraft der Welt". Während in allen westlichen Ländern - laut Cook - die "falsch angebrachte und schlecht verteilte", also planlose menschliche Vermehrung die angeborenen Qualitäten der Kinder von morgen "auslaugt", stürzen die Kulturvölker in eine verzweifelte genetische Krise.
"Bis vor einem Jahrhundert", resümiert Genetiker Cook, "war der menschliche Kampf ums Dasein dem jeder anderen Spezies gleich. Der Tod war die oberste Auslesekraft. Nur selten erlebte es die Mehrzahl der Neugeborenen, selber Kinder zu haben, häufig starb die Hälfte vor dem ersten Geburtstag.
"Diese Formel der Fortpflanzung war grausam und verschwenderisch, aber sie bildete die Grundlage dafür, daß die genetische Tauglichkeit auf die Dauer erhalten blieb. Es war die universelle Formel des Lebens."
Aber um die Mitte des letzten Jahrhunderts, als die Kontrolle des Todes durch die Menschen wirksam wurde, bahnte sich ein entscheidender Wandel an.
Vererbungsforscher Cook spricht von "Vital-Werkzeugen", die der Mensch sich geschaffen habe, um in den menschlichen Lebensprozeß einzugreifen: Impfstoffe, sanitäre Anlagen, aseptische, chirurgische und geburtshelferische Techniken, öffentliche Gesundheitspflege, Fortpflanzungskontrolle, Antibiotika.
Mit diesen Werkzeugen, doziert Cook, sei das "Vital-Zeitalter" angebrochen.
Zum erstenmal begann eine biologische Spezies den Tod zu kontrollieren und das natürliche Regulativ weitgehend außer Kraft zu setzen. Aus der mathematischen Gleichung mit den Faktoren:
* Wer wurde geboren?
* Wer ist gestorben?
* Wann?
die über Generationen hin die genetische Struktur einer jeden Bevölkerung bestimmten, hat sich der letzte Faktor "Wann" entscheidend verschoben. Die Folge: "Die Zahl und Beschaffenheit der Menschen ändert sich von Grund auf!"
Den Beweis lieferten die letzten Volkszählungen in den USA. Laut Statistik haben einhundert amerikanische Frauen im Alter von 45 bis 49 Jahren nach dem Ergebnis der Zählung:
* 433 Kinder, wenn sie nicht mehr als vier Jahre zur Schule gegangen waren,
* 278 Kinder, wenn sie die Volksschule aus der letzten Klasse verlassen hatten,
* 175 Kinder, wenn sie eine höhere Schule und
* 123 Kinder, wenn sie eine Hochschule bis zum Abschluß besucht hatten.
Aus dieser Statistik zieht Cook den Schluß: "Heute bekommen in den Vereinigten Staaten die Intelligenten akademische Grade, die Fleißigen und Leistungsfähigen Häuser, Bankkonten und Magengeschwüre. Und die Armen ohne Schulbildung bekommen Kinder."
Die verderblichen Auswirkungen dieser Verhältnisse berechnet Vererbungsforscher Cook mit einer simplen Formel: Alle Fähigkeiten der Kinder müssen aus dem Erbgut des Elternpaares stammen. Von den
mehreren tausend Erbanlagen oder Genen*), die ein Kind von den Eltern erbt, entscheiden etwa 50 über den Grad der Intelligenz. Besitzt ein Mensch alle 50 Intelligenz-Gene, dann ist er ein Genie, hat er keines von ihnen, dann ist er ein Vollidiot.
Die Begabten haben mehr als 25 Intelligenz-Gene, die Geistesschwachen weniger. Im Augenblick der Zeugung entscheidet sich, wieviele Gene aus den Erbmassen des Vaters und der Mutter übernommen werden. Haben beide Elternteile eine Durchschnitts-Intelligenz von 25 Genen, dann kann das Kind im ungünstigsten Fall gar kein Gen erhalten. Im Einzelfall besteht also die Möglichkeit, daß die Kinder Genies oder Idioten werden.
Nach den Gesetzen der Statistik werden in größeren Bevölkerungsgruppen aber die meisten Kinder das gleiche Intelligenz-Niveau erreichen, das schon die Eltern hatten.
Wenn sich, wie heute, vorwiegend die Gen-Armen bemühen, ihre Erbmasse an die Nachkommen weiterzugeben, dann setzt eine Entwicklung ein, die Vererbungsforscher Cook mit einem Beispiel aus der Landwirtschaft vergleicht. Als Folge der Verwitterung und schlechter Bodenkultur wird heute in vielen Ländern die gute Erde mit ihren Nährstoffen ausgewaschen und fortgeschwemmt. Agrarwissenschaftler sprechen von einer "Erosion", einer Auslaugung des Kulturbodens. Cook führt jetzt den Begriff "Genen-Erosion" ein. Sie entzieht der Erbmasse der Menschheit die besten Bestandteile.
Die verhängnisvolle Genen-Erosion habe schon begonnen, behauptet Cook, als die Industrialisierung einsetzte und die Intelligenten
in die großen Städte drängten. Beispiel: Wenn kein Mensch mehr von auswärts nach Berlin zöge, würde diese Stadt mit der niedrigsten Geburtenziffer der Welt*) im Jahre 2050 nur noch 90 000 Einwohner haben. Das ist ein Beweis für Cooks Theorie, denn die Berliner Bevölkerung liegt um 34 Prozent über dem Intelligenzniveau der Einwohner einer Stadt von der Größe Gelsenkirchens.
"Erfolge in der Stadt wirken wie eine ungeheure biologische Zentrifuge, die unerbittlich die Sahne absaugt", sagt Cook. Als Beispiel mit gegenteiligen Vorzeichen zitiert er Indien. Die vorwiegend bäuerliche und weniger intelligente Bevölkerung Indiens könnte bis 2050, falls die Sterblichkeitsziffer durch sanitäre Maßnahmen merklich gesenkt wird, auf das Fünffache der gesamten heutigen Weltbevölkerung ansteigen.
"Die unzähligen Interessen des westlichen Menschen - Film, Rundfunk, Fernsehen, Autos, Bücher, Vereine, Kartenspiel, um nur einige zu nennen - sind sekundäre empfängnisverhütende Mittel." Nur wer nicht Anreizmittel und Gelegenheit habe, diesen Interessen nachzugehen, finde im sexuellen Genuß die einzige Unterhaltung. Darin sieht Cook - was nicht als sehr neue oder originelle Erkenntnis angesprochen werden kann - den Grund für die Vermehrung der geistig Unterentwickelten.
Cook sucht deshalb nach dem rettenden Rezept: Möglichkeiten, diesen Menschen die Last der meistens ungewollten Kinder zu nehmen und die Intelligenten zur Zeugung von Kindern anzuregen. Das klingt banal und binsenweise. Deswegen auch begnügt er sich - ohne die menschliche Psyche einzukalkulieren - mit einem simplen Rat: Antikonzeptionstabletten für die Primitiven, bevölkerungspolitische Propaganda für die Intelligenten.
Da Cook selbst an diesen Hausmittelchen zweifelt, bleiben erschreckende Zukunftsaussichten für die heranwachsenden Generationen:
Die Durchschnittsintelligenz der Menschen beginnt zu allem Unglück an einem Zeitpunkt zu sinken, an dem es für die Geistesschwachen immer schwieriger wird, ihr Brot zu verdienen. In den USA hat bereits das Zeitalter derKybernetik begonnen, das Zeitalter der sich selbst steuernden Maschinen mit Robotergedächtnis und Elektronengehirn.
Dr. Norbert Wiener, der Chronist der neuen technischen Entwicklung, spricht von einer zweiten industriellen Revolution. Sein Urteil: "Nach der zweiten Revolution wird der Durchschnittsmensch von mittleren oder geringeren Fähigkeiten nichts mehr zu bieten haben, was noch irgend jemand für sein Geld kaufen möchte."
Der Durchschnittsmensch wird - wenn seine Intelligenz weiter absinkt - in absehbarer Zeit nicht mehr in der Lage sein, die komplizierter werdenden Maschinen zu bedienen. Nur das schrumpfende Häuflein der Intelligenten könnte dann noch das Zivilisationsgetriebe in Gang halten. Die große Masse der Unbegabten wäre völlig ausgeschaltet. So lautet die ziemlich dichterisch ausgemalte Zukunftsprognose der Wissenschaftler.
Cook nennt ein sehr frühes Datum für den Beginn der Katastrophe: 1985.
Die Unfähigen von 1985 würden aber wiederum die Eltern der folgenden Generationen sein. Sagt Cook: "Wenn der Anstoß all der neuen muskel- und geistsparenden Maschinen und all der zeit- und lebenssparenden Kniffe nur Generationen von Halbidioten zur Folge hat, dann ist das große Experiment des 20. Jahrhunderts, das Experiment der industriellen Revolution, ein Fehlschlag."