15.07.2002
BOLIVIENKrach um Koka-Kandidaten
In Lateinamerika wächst der Unmut über die Politik der US-Regierung in der Region. Für die Missachtung Washingtons gegenüber seinen südlichen Nachbarn geben die betroffenen Regierungen einer Schlüsselfigur im Außenministerium die Schuld. Der für Lateinamerika-Politik zuständige Otto Reich, ein gebürtiger Kubaner, ist ein konservativer Hardliner, der am liebsten jede Hilfe vom politischen Wohlverhalten abhängig machen würde. Jüngstes Beispiel für die harte US-Linie: Bereits vor der bolivianischen Präsidentenwahl Ende Juni hatte der dortige Botschafter gedroht, die Wirtschaftshilfe einzustellen, falls ein bestimmter Politiker an die Macht komme. Der undiplomatische Vorstoß war gegen den Kandidaten Evo Morales gerichtet, der als politischer Vertreter der Koka-Bauern Karriere gemacht hatte. Die USA befürchten, seine Wahl könne ihren Kampf gegen das Rauschgift durchkreuzen. Ihre Botschaft wirbt deshalb im bolivianischen Kongress ganz offen für eine Allianz gegen Morales. Abgeordnete und Senatoren müssen Anfang August in einer Stichwahl über den neuen Präsidenten entscheiden. Die lateinamerikanischen Staatschefs ihrerseits klagen hinter verschlossenen Türen über die Arroganz des US-Präsidenten. Bush verstehe nichts von Lateinamerika, in Washington herrsche seit dem 11. September eine Bunkermentalität, kritisierte jüngst Brasiliens Präsident Fernando Henrique Cardoso. Auch in Argentinien wächst der Protest, da sich die USA gegen Finanzhilfen sperren. Sogar Mexikos Staatschef Vicente Fox, der sich besonders guter Beziehungen zu Bush rühmt, beklagt, dass Washington ein Abkommen zu Gunsten der illegalen mexikanischen Einwanderer verzögert.
DER SPIEGEL 29/2002
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