DDR-SCHNAPS Sog aus der Flasche
Sie strichen die "deutsche Nation" aus ihrer Verfassung und haben auch sonst mit Gesamtdeutschem nichts im Sinn. Nur beim Schnaps legen die DDR-Planer auf ihre drei Buchstaben keinen Wert." Nordhäuser" Korn aus Thüringen oder "Goldbranntwein" aus der Oberlausitz werden in der Bundesrepublik als "Deutsches Erzeugnis" angeboten; allenfalls ein kleingedrucktes "VEB" vor dem Herstellernamen verrät, daß der Klare aus dem Osten kommt.
Diese ungewohnte Provenienz" meint Otto von Grote vom Bundesverband der Spirituosenindustrie, müßte klarer herausgestellt werden. Denn sonst wüßten jene unglücklichen westdeutschen Trinker, die "geographisch weniger geschult sind", nicht, woher das hochprozentige Lebenswasser stammt, das sie durch ihre Kehle rinnen lassen: "Und das ist nicht sehr befriedigend."
Ähnlichen Schnaps-Ideen hängt Kollege Hermann Rohrmus vom Weinbrennerverband nach: "Im Interesse des Verbrauchers" sei eine "klare Kennzeichnung" überfällig. Ulrich Eisele, Justitiar des führenden westdeutschen Schnapsbrenners H. C. König (Schinkenhäger), hat zwar "im Prinzip" nichts gegen die gesamtdeutsche Banderole. "Wenn allerdings eine Abneigung gegen die DDR bestehen sollte", verklausuliert sich der Anwalt, "wäre es für uns schon besser, wenn der Anknüpfungspunkt dafür auch sichtbar gemacht werden würde."
Schon anläßlich der Novellierung des Weingesetzes, der Reform des Lebensmittelrechts oder jüngst bei der Formulierung einer geplanten EG-Alkoholmarktverordnung versuchten die westdeutschen Interessenvertreter, in Bonn ihre Nomenklatur durchzusetzen -- bislang ohne Erfolg.
Denn die deutsche Einheit beim Schnaps ist juristisch lupenrein. Während der DDR-Ministerrat 1970 (zur "Stärkung des Ansehens der Deutschen Demokratischen Republik") statt des gesamtdeutschen "Made in Germany" die Waren-Markierung "Hergestellt in der DDR" verordnete, blieb beim Schnaps alles beim alten, In Ost wie West gilt nach wie vor das Branntweinmonopolgesetz von 1922. Und diese Vorschriften kennen nur "Deutsche" und "Ausländische Erzeugnisse".
Die Etikettenfrage der Schnapsbrüder scheint wohl auch mehr zweiten Ranges zu sein. Sogar Anwältin Jutta Hopkins vom Schutzverband der Spirituosenindustrie ahnt: "Das ist doch gar keine Qualitätsfrage."
Eher eine Preisfrage. Denn auf dem Preisschild unterscheidet sich der DDR-Schnaps deutlich von westdeutschen Konkurrenz-Produkten: VEB-Korn ist im Schnitt runde vier Mark billiger als westliche Markenware.
Der DDR-Import von zwölfeinhalb Millionen Flaschen im Jahr macht zwar nur 3,5 Prozent des westdeutschen Spirituosenverbrauchs aus. Doch Königs Eisele reicht das: "Davon geht ein überproportionaler Preissog aus."