Zankende Ampelmännchen
Klaus Wedemeier musste keinen Moment lang überlegen. "Wenn er mich anrufen würde, dann würde ich ihm abraten", erklärte der frühere Bremer Regierungschef kurz vor der Bundestagswahl auf die Frage, ob sich Gerhard Schröder notfalls auf eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP einlassen solle. "Das geht inhaltlich nicht zusammen."
Der SPD-Mann weiß, wovon er spricht: Über drei Jahre lang, von Dezember 1991 bis Februar 1995, war er Chef einer Ampelregierung. In dieser Zeit war er hauptsächlich damit beschäftigt, seine beiden kleinen Partner, die sich immer aufs Neue ineinander verbissen, zu trennen, zu beruhigen und zum Weitermachen zu überreden.
Schon zuvor, am 22. März 1994, war in Brandenburg nach genau 1237 Tagen die erste Ampel auf Länderebene gescheitert. Auch in Potsdam zofften sich die Koalitionäre von Anfang an. Mal wurde über den Datenschutz gestritten, mal über die Verabschiedung eines neuen Schulreformgesetzes. Immer wieder gelang es SPD-Ministerpräsident Manfred Stolpe jedoch, die Risse zu kitten - bis seine eigene politische Vergangenheit zum Stolperstein wurde.
Weil der frühere DDR-Kirchenjurist Stolpe vor einem Untersuchungsausschuss abstritt, am 21. November 1978 von zwei Stasi-Offizieren die DDR-Verdienstmedaille erhalten zu haben, bezichtigte ihn Günter Nooke, damals Fraktionschef vom Bündnis 90, gelogen zu haben. SPD und FDP kündigten daraufhin die Koalition.
Auch in Bremen scheiterte das dreifarbige Experiment letztendlich an Personen. Hilflos mussten die Sozialdemokraten, die der "Hampelei mit der Ampelei" ( ein Genosse) ohnehin skeptisch gegenüberstanden, mit ansehen, wie sich der liberale Wirtschaftssenator Claus Jäger und der grüne Umweltsenator Ralf Fücks oft in die Wolle gerieten.
Zwar hatte Fücks anfangs noch vom "gewissen Charme" des Zweckbündnisses geschwärmt, sogar vom "Laboratorium für neue Ideen" gesprochen. Doch das Labor flog regelmäßig in die Luft.
Schließlich platzte die Ampel wegen der sogenannten Piepmatz-Affäre: Umweltsenator Fücks meldete ein für spätere Gewerbeansiedlungen vorgesehenes Areal bei der EU als Vogelschutzgebiet an, ohne den Senat vorher zu informieren. Als sich die FDP einem Misstrauensantrag der CDU gegen den Umweltsenator anschloss, war die Koalition Vergangenheit.
Für Sozis und Liberale hatte der Zank der Ampelmännchen desaströse Folgen: Bei der Neuwahl sackte die SPD von 38,8 Prozent auf 33,4 Prozent, die FDP flog gar aus dem Parlament. Nur die Grünen steigerten sich von 11,4 Prozent auf 13,1 Prozent. BRUNO SCHREP