„Das Wort ,Terror? ist ekelhaft“
SPIEGEL: Sie sind untergetaucht, warum?
GUPS: Die deutschen Sicherheitsbehörden ließen mir und anderen keine andere Wahl, niemand bedauert das mehr als Gups. Nach München wurden etwa hundert Palästinenser ausgewiesen, und vielen wurde nicht einmal Gelegenheit gelassen, Rechtsmittel einzulegen. Im übrigen handelt es sich bei den sogenannten Ausweisungen in den meisten Fällen in Wirklichkeit um eine Auslieferung an Länder, in denen die Palästinenser wieder mit Verfolgung zu rechnen haben. Etwa in Israel, Jordanien und im Libanon.
SPIEGEL: Wie lange wollen Sie es im bundesrepublikanischen Untergrund aushalten? Zwei Jahre, wie Baader-Meinhof?
GUPS: Wir sind nicht Baader-Meinhof, wir wollen nicht illegal, sondern legal in der Bundesrepublik bleiben, und wir wollen gerichtlich festgestellt wissen, daß wir kein Sicherheitsrisiko sind.
SPIEGEL: Und wenn das nicht gelingt?
GUPS: Dann gehen wir. Dann darf sich die Bundesrepublik aber auch nicht länger als liberaler Staat gebärden. Dann muß sie sagen: Wir wollen keine Palästinenser in unserem Land haben.
SPIEGEL: Nach Auffassung deutscher Sicherheitsbehörden spielen Gups und Gupa in der Bundesrepublik die Rolle von "legalen Töchtern", die den "brutalen Töchtern", also ein- und durchreisenden palästinensischen Agitatoren und Terroristen, Hilfestellung leisten: unterschlüpfen lassen, Kontakte besorgen.
GUPS: Das ist die Lesart des israelischen Geheimdienstes, die sich der deutsche Verfassungsschutz offenbar zu eigen gemacht hat. Auf eine tatkräftige Unterstützung durch den israelischen Geheimdienst weist auch hin, daß israelische Geheimdienstler an Hausdurchsuchungen und Festnahmen von Palästinensern beteiligt waren. Das können wir beweisen. Israel geht es darum, alle Palästinenser und ihre Organisationen als Terroristen abzustempeln.
SPIEGEL: Gups-Vertreter aus aller Welt beschlossen 1969 in Amman: "Alle Studenten, die Mitglieder sind, müssen im Sommer-Semester militärisch ausgebildet werden, um den bewaffneten Kampf auszuführen."
GUPS: Einmal ist für die Ausbildung El-Fatah, nicht Gups zuständig, und zum anderen findet diese Ausbildung doch nicht auf deutschem Territorium. sondern in palästinensischen Militärcamps statt.
SPIEGEL: Militärische Ausbildung zu welchem Zweck? Um Israel allerorts zu bekämpfen, notfalls auch vom Gebiet der Bundesrepublik?
GUPS: In Palästina -- die Bundesrepublik ist nicht unser Kampfgebiet. Wir können nicht die ganze Welt zu unserer Front machen, das wissen wir auch.
SPIEGEL: In Ihrer Satzung fordern Sie "die Vorbereitung der arabischen palästinensischen Jugend für den Befreiungskampf".
GUPS: Was heißt Vorbereitung? Für uns ist das weitgespannt, von der Behebung des Analphabetentums bis zur politischen Aufklärung ...
SPIEGEL: ... bis zum Kampf, wie es ebenfalls in der Gups-Satzung steht, "für die Rückkehr in das besetzte Gebiet mit jedem Mittel".
GUPS: Ja, wenn wir uns im Krieg befinden, können wir doch niemanden fürs Kochen interessieren. Soll man denn etwa einen Palästinenser dafür gewinnen, das Elend im Flüchtlingslager zu ertragen? Wir wollen den Volkskrieg, um die Palästinenser zu befreien, der bewaffnete Kampf gegen Israel ist auf dem Weg dahin eine Etappe. Hier in der Bundesrepublik jedoch ist es unser Ziel, der zionistischen Propaganda entgegenzuwirken, Freunde und Genossen zu mobilisieren, die uns unterstützen.
SPIEGEL: Daß sich Gups zu "Gewalt und Terror als Mittel der von ihr verfolgten Politik" bekennt, wird Ihnen in der Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums ja gerade vorgeworfen.
GUPS: Das Wort "Terror" ist ekelhaft. Wenn Sie unsere Gewalt als Terror bezeichnen, so ist das Ihre Sache. Wir jedenfalls unterscheiden sehr genau. Gegen die israelische Armee kann man nicht mit der Bibel in der Hand angehen, sondern nur mit Waffengewalt. Und durch diese Gewaltanwendung wollen wir ja nicht zerstören, sondern einen demokratischen Staat aufbauen, in dem alle Bürger Palästinas ungeachtet ihrer Rasse, Religion und Herkunft mit gleichen Rechten und Pflichten leben.
SPIEGEL: Aber Terror war es doch ohne Zweifel, was bei den Olympischen Spielen exerziert wurde.
GUPS: Wir haben die Aktionen von München eindeutig als Terror bezeichnet, und Terror lehnen wir ab. Es ist leicht, irgendwo eine Bombe in eine fröhliche Menge zu werfen. Das palästinensische Volk muß sich jedoch im besetzten Gebiet auf einen harten, langwierigen antiimperialistischen Kampf vorbereiten. Terror ist es aber auch, wenn israelische Flugzeuge palästinensische Flüchtlingslager bombardieren. Eigenartig, daß darüber in der deutschen Presse kaum etwas zu lesen ist.
SPIEGEL: Die Münchner Terroristen haben nach Ermittlungen der deutschen Polizei die Telephonnummer von Gups-Mitglied El-Frandschi in Langen bei Offenbach angerufen, der sich allerdings nicht meldete. Bei EI-Frandschi wurden außerdem Funkgeräte gefunden, die "so umgebaut waren, daß sie für Sabotagezwecke (Sprengstoff-Attentate) benutzt werden konnten", wie der hessische Innenminister erklärte.
GUPS: Jeder Palästinenser, der mal in der Bundesrepublik war, kennt Frandschi; der war so eine Art Feuerwehr für in Schwierigkeiten geratene Landsleute. Die Telephonnummer war allgemein bekannt. Allein genommen ist sie also noch lange kein Beweis. Und daß Frandschi sich nicht meldete, spricht eher für dessen Unschuld. Die Funkgeräte schließlich, die wurden gar nicht jetzt, sondern schon vor ungefähr einem Jahr vom Verfassungsschutz mitgenommen und dann sogar zurückgegeben. Obgleich die Dinger so gefährlich waren?
SPIEGEL: Werden Ihre Freunde, wenn sie nicht legal zurückkommen dürfen, illegal, etwa über Ost-Berlin, wieder hierher reisen?
GUPS: Das ist kaum denkbar. Vorstellbar wäre es aber, wenn einige von ihnen -- unschuldig wie Schuldige vertrieben, in Handschellen verfrachtet -- sich dem "Schwarzen September" in die Arme werfen. Und die hat dann die Bundesrepublik zu Terroristen gemacht, nicht Gups. Das ist keine Drohung, sondern eine Analyse.