GESTORBEN Gottfried Reinhold Treviranus
Gottfried Reinhold Treviranus, 80. Ein Jahr nach Hitlers Machtübernahme verkaufte der Weimarer Ex-Minister sein Haus in Berlin-Schlachtensee, "weil es in einer Sackgasse stand". Beim Röhmputsch im Juni 1934 entkam er der Gestapo durch einen Sprung über den Zaun seines Tennisplatzes: "Der Genickschuß blieb mir erspart." Bis 1949 lebte der Emigrant in England und, als Berater von US-Firmen, in Amerika und Kanada. Seine historische Rolle hatte Treviranus, der sich 1929 von Hugenbergs Deutschnationalen trennte und eine eigene Partei, die Konservative Volkspartei, gründete, während der Hungerjahre der Weimarer Republik im "Frontsoldaten-Kabinett" des Reichskanzlers Heinrich Brüning gespielt, dem er noch in seinen alten Tagen ein literarisches Denkmal setzte -- um "die Steine von Brünings Tür" zu wälzen, "mit denen man ihn über dreißig Jahre lang zu steinigen versuchte". Mit Brüning verband ihn die Abneigung gegen eine nazistische Diktatur ebenso wie der Unwille, zu den strengen Formen parlamentarischer Demokratie zurückzukehren. Nach dem Kriege spielte er noch einmal eine Nebenrolle: als Belastungszeuge in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß, der Licht in die Bestechungsaffäre um den Schützenpanzer uS 30 bringen sollte. Treviranus starb vergangenen Montag.