Petri Heil
Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger (Italien, Farbe). Die Polizei von Rom, so lehrt der Regisseur Elio Petri ("Zwei Särge auf Bestellung"), ist tatsächlich dümmer, als es die Polizei erlaubt.
Ein rüder Halsaufschlitzer, der eines Tages seiner halbseidenen Lustgefährtin Augusta im exotisch drapierten Boudoir die schöne Kehle durchschneidet, liefert dafür den Beweis. Denn obwohl der Mörder reichlich Finger- und Fußabdrücke am Tatort zurückgelassen hat, bringen ihn die Kriminalisten nicht zur Strecke.
Zwar verweisen alle Indizien auf den "Dottore" (Gian Maria Volonté), doch der ist schließlich Chef der Mordkommission und somit "ein über jeden Verdacht erhabener Bürger". Eine schöne Geschichte.
Sie hat nur einen Fehler: Petri will die Polizei-Farce als politische Aufklärung verstanden wissen und überschätzt dabei seine Möglichkeiten als Film-Satiriker.
Er läßt die Apo auftreten und diskreditiert sie zugleich als wirre "Ho Tscbi-minh"-Krakeeler und Bombenleger. Er zeigt den mörderischen Dottore als sexuell verklemmten, nur mit der Macht intimen Exponenten einer total korrupten Obrigkeit und delektiert sich dennoch mit allen autoritären Kino-Mitteln -- schwülstigen Dekors, wilden Kamerabewegungen, schicken Rückblenden -- an dessen Perversionen.
Italienische Juroren ("Bester Film des Jahres") und deutsche Filmbewerter fielen dennoch auf solche unreflektierten Reize herein -- mit dem Prädikat "besonders wertvoll" etwa gewährte die FBW dem "Bürger" ihr höchstes Petri Heil.
* Bild oben: Gian Maria Vononté (M.); Bild unten: Kirk Douglas
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