Mit Waffengewalt will die Befreiungsfront für Mocambique (Frelimo) den Bau des Cabora-Bassa-Staudamms in Portugals Afrika-Kolonie Mocambique verhindern. Fünf deutsche Firmen sind mit insgesamt 44 Prozent an dem Projekt beteiligt. Für ihre Lieferungen und Leistungen in Höhe von 400 Millionen Mark bürgt die Bundesregierung. Sie sieht keine Möglichkeit, die von der Großen Koalition gemachten Zusagen zurückzunehmen. Marcelino das Santos ist Vizepräsident der Frelimo, die ihr Hauptquartier in Tansania hat.
FRAGE: Welche Konsequenzen ergeben sich für die Frelimo aus der Haltung der Bundesregierung?
DOS SANTOS: Übermitteln Sie dem deutschen Volk folgendes: Wir betrachten den Bau des Staudamms als eine verbrecherische Aktion des portugiesischen Kolonialismus, Südafrikas und Rhodesiens. Jede Macht, die Portugal in Cabora Bassa hilft, ist ein Komplice dieses Verbrechens.
FRAGE: Sehen Sie auch in jedem von seiner Firma nach Mocambique geschickten Techniker oder Ingenieur einen "Komplicen'?
DOS SANTOS: Den Leuten, die in die Tete-Provinz gehen, um an dem Projekt zu arbeiten, können wir nur das sagen: Wir befinden uns mit den Portugiesen im Kriegszustand, und all jene die sich auf die Seite des Feindes stellen, müssen damit rechnen, von unseren Kugeln getroffen zu werden. Falls sie in unsere Kriegsgefangenschaft geraten, können sie versichert sein, daß sie als Kriegsgefangene behandelt werden. Aber es ist nicht gesagt, daß alle in Gefangenschaft geraten ... Wir wollen das den Westdeutschen mitteilen, damit man uns morgen nicht sagt, wir seien für ihr Schicksal, für ihr Leben verantwortlich.
FRAGE: In jüngster Zeit wurde Ihnen aus der Bundesrepublik moralische und materielle Hilfe angeboten.
DOS SANTOS: Wir sehen diese Entscheidung gegenüber der Vergangenheit als einen Schritt nach vorn an. Wenn deutsche Politiker unserer Bewegung Hilfe zusagen, dann haben sie die Berechtigung unseres Kampfes erkannt. Doch wir meinen, daß die westdeutsche Haltung gleichwohl nicht moralisch ist. Die Bundesrepublik gewährt der portugiesischen Regierung wirtschaftliche und militärische Hilfe. Können wir akzeptieren, daß sie uns hinterher Medikamente schickt?
FRAGE: Die Friedrich-Ebert-Stiftung plant für das nächste Jahr eine PH-Aktion. Sie will die Führer der Befreiungsbewegungen in die Bundesrepublik einladen und formelle Kontakte mit Bonner Regierungspolitikern vermitteln.
DOS SANTOS: Im Augenblick wäre es für uns nicht leicht, Beziehungen zur Regierung Westdeutschlands zu haben, während diese Regierung weiterhin eine der Hauptstützen der kolonial-faschistischen portugiesischen Regierung bleibt. Wir werden unsere jeweiligen Positionen klären müssen, ehe wir über die Einladungen sprechen.
FRAGE: Ministerpräsident Kühn hat auf seiner Ostafrika-Reise keine Frelimo-Mitglieder treffen können.
DOS SANTOS: Herr Ministerpräsident Kühn hat Lusaka und Daressalam besucht, als zufällig niemand von uns da war. Ich befand mich in Addis Abeba, andere Kameraden waren mit Aufgaben in sonstigen Regionen betraut. Wir hätten sehr deutlich mit Herrn Kühn gesprochen, so wie mit Ihnen.
FRAGE: In Ihren Reden behaupten Sie, daß sich der Guerilla-Krieg in den portugiesischen Kolonien zu einer internationalen Aggression ausweiten werde?
DOS SANTOS: 1965 erklärte der damalige portugiesische Außenminister Nogueira dem Sinn nach: In dem Maße, in dem es gelingt, die westlichen Mächte zu Investitionen in den Kolonien zu bewegen, werden sie sich auch dazu bringen lassen, die Gebiete militärisch zu verteidigen. Wir müssen schon heute die Möglichkeit erkennen, daß Portugal eines Tages die westlichen Mächte bitten wird, Truppen zu entsenden. Den wirtschaftlichen Investitionen soll die militärische Intervention folgen. Das ist eine dem Imperialismus innewohnende Tendenz.
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