KATHOLIKEN / SYNODE Regeln der Räte
Der Priester trug Zivil und warnte davor, auf die Bischöfe zu hoffen: "Wenn wir unbedingt wollen, daß diese zehn Personen von den Bischöfen nicht gewählt werden, dann müssen wir sie ihnen zur Wahl vorschlagen."
Adolf Exeler, Professor an der Universität Münster, behielt recht. Der geistliche Gelehrte war einer der Teilnehmer auf einem Kongreß der "Arbeitsgemeinschaft Synode" (AGS) zu dem sich in Frankfurt die Delegierten von 26 Priestergruppen, Studentengemeinden und Arbeitskreisen versammelt hatten.
Den progressiven Priestern und Laien ging es darum, auf die Zusammensetzung der Synode Einfluß zu nehmen: einer Art Konzil der deutschen Katholiken, das sich am 3. Januar 1971 im Würzburger Dom konstituiert, sogleich wieder vertagt, im Herbst nächsten Jahres erneut zusammentritt und vermutlich drei bis vier Jahre lang (mit großen Pausen) über die Zukunft der katholischen Kirche in der Bundesrepublik beraten soll.
Gegen den Rat Exelers nannte die Mehrheit des Frankfurter Kongresses den Bischöfen zehn Namen von Katholiken, die Mitglieder der Synode werden sollten. Prominenteste: Schriftsteller Heinrich Böll und Theologe Hans Küng. Aber wie es Exeler vorausgesagt hatte, verwarfen die Bischöfe der Bundesrepublik in der vergangenen Woche den Frankfurter Vorschlag und ernannten 40 andere Gläubige. Sie entschieden sich für Untergebene wie den Leiter ihres Bonner Büros, den Prälaten Wöste, und für Untertanen wie den Ex-Familienminister Franz-Josef Wuermeling. Typisches Wuermeling-Wort: "Wo kämen wir in der katholischen Kirche hin. wenn die hierarchische Struktur in Frage gestellt würde?"
Die Kirchenoberen nutzten ein Vorrecht, das sie sich selber zugebilligt hatten: einen Teil der Synodalen nicht wählen zu lassen, sondern zu bestimmen. Denn das sogenannte Kirchenparlament kommt nicht nach parlamentarischen Regeln zustande.
Von 312 Plätzen besetzen 56 die Bischöfe selber. So wie sie weitere 40 Synodale nach eigenem Gutdünken aussuchten, bestimmten auch die deutschen Ordensoberen autoritär, welche 22 Patres und Fratres, Nonnen und Schwestern in die Synode kommen.
40 Synodale bestimmte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, das selber zur Hälfte aus Funktionären der katholischen Verbände besteht. Und sogar die 154 von 312 Synodalen, die aus den 22 Diözesen nach Würzburg fahren werden, sind nicht unmittelbar vom Kirchenvolk gewählt worden. Sie erhielten ihr Mandat nach den Regeln eines Rätesystems, das nur wenige Fachleute durchschauen.
Es gibt die Priesterräte, die von den Geistlichen jeder Diözese gewählt wurden, die Diözesanräte, die auf Regionalversammlungen von Delegierten der Pfarrgemeinden gewählt wurden, und schließlich die Seelsorgeräte, die ihrerseits von den Diözesan- und Priesterräten bestimmt wurden. Zu jedem Bistum bestimmten diese Räte in der Regel 45 Wahlmänner, die dann die Synodalen aussuchten.
Oft wählten Wahlmänner sich selber, in West-Berlin zum Beispiel besetzten sie sechs der sieben Synoden-Plätze, obwohl es hier wie fast überall eine Fülle von Kandidaten gab (in Berlin 87, in Paderborn sogar 168).
Wie auf die Auswahl der Mitglieder nahmen die Bischöfe auch auf Geschäftsordnung und Statut der Synode Einfluß. Sie sorgten dafür, daß nichts Wichtiges gegen ihren Willen beschlossen werden kann. Die Synode hat nicht einmal die Freiheit, ihre Tagesordnung selber zu bestimmen; und die Bischöfe legen sogar fest, wann die Synode beginnt und wann sie endet.
Als Opposition gegen solche Oberhirten-Weisungen hatte sich schon zu Beginn des Jahres die "Arbeitsgemeinschaft Synode" formiert. In Frankfurt gab der Tübinger Pastoraltheologe Professor Norbert Greinacher die Marschrichtung für Würzburg an: Auf der Synode müsse jene "dynamische Spannung" geschaffen werden, die "endlich die offizielle Friedhofsruhe in der Kirche beseitigt". Zu diesem Zweck soll die Opposition
wahrscheinlich etwa 40 Mitglieder stark -- auf der Synode eine Fraktion bilden und geschlossen auftreten.
Was sie erreichen will, deuten die in Frankfurt vorgelegten Arbeitspapiere an: unter anderem Beschlüsse über die Wahl der Bischöfe und des Papstes durch Priester und Laien, über die kirchliche Trauung Geschiedener, über die Teilnahme von Katholiken am evangelischen Abendmahl und umgekehrt sowie über die Zulassung von Frauen zur Predigt. Eines der AGS-Ziele ist es auch, möglichst gleich in der ersten Sitzung Geschäftsordnung und Statut zu korrigieren. Denn, so eine Forderung in den Arbeitspapieren: Die Synode "muß alles tun, sagen, beraten und beschließen können, was sie selbst will".
Nur zu einem Zugeständnis sind die AGS-Katholiken bereit. Wenn Beschlüsse der Synode nach dem Urteil der Bischöfe "der kirchlichen Lehre entgegenstehen und damit den Zusammenhalt der Kirche in Frage stellen", dürfe Ihnen die "amtliche Geltung" versagt werden.