TSCHAD / BÜRGERKRIEG BMW in der Wüste
Deutsche Bullen und deutsche Menschen kämpfen im Tschad.
Um Frankreich, den Protektor des zentralafrikanischen Wüstenstaates, zu entlasten, schenkt Bonn dem Tschad aus dem Haushalts-Titel "Nato-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe" Fahrzeuge im Wert von vier Millionen Mark, darunter geländegängige Magirus-Lkw ("Die deutschen Bullen").
Um Frankreichs Präsenz in Schwarzafrika zu stärken, kämpfen Deutsche im 2. Fallschirmjäger-Regiment der Fremdenlegion für den westlich gesinnten christlichen Tschad-Präsidenten Tombalbaye gegen überwiegend arabisch-islamische Rebellen im Norden und Osten des Landes.
Der Tschad ist strategisch wichtig, weil er gemeinsame Grenzen zum Niger und zur Zentralafrikanischen Republik hat. Diese beiden Staaten beliefern Frankreich mit Uran. In der Tschad-Hauptstadt Fort-Larny liegt eines der großen französischen Rundfunkzentren im Schwarzen Afrika und ein französischer Luftwaffenstützpunkt. Frankreich rüstete die 2600 Mann starke Tschad-Armee mit Gerät, Waffen, Flugzeugen und Beratern aus.
Als Präsident Tombalbaye von seinen aufständischen Stämmen bedrängt wurde und er das Land in Anarchie versinken sah, bat er Frankreich um Hilfe. Obwohl der Beistandspakt von 1960 nur logistische Hilfe vorsah, sandte Staatschef de Gaulle -- wenige Wochen bevor er zurücktrat -- 2000 Fallschirmjäger und Infanteristen ins Land.
Die Franzosen glaubten, ihre Tschad-Soldaten würden bald in die heimischen Kasernen zurückkehren -- da fielen am Abend des 11. Oktober 1970 elf französische Fallschirmjäger bei Largeau, im Norden des Tschad, im Feuer moderner Handfeuerwaffen und Mörser. Durch Frankreich geisterte die Vorstellung, der Tschad werde ein afrikanisches Vietnam.
So aussichtslos und grausam wie der Vietnam-Krieg ist der Tschad-Krieg längst. Trotz der französischen Hilfe erwiesen sich Tombalbayes Truppen als unfähig, mit der Rebellenbewegung fertig zu werden.
Sie brannten unter Beteiligung der Franzosen 122 Dörfer ab. Französische Geheimdienst-Beamte folterten gefangene Rebellen, die nichts aussagen wollten. Der Deutsche Volkmar E. desertierte aus der Fremdenlegion und gab dem SPIEGEL einen ausführlichen Folter-Bericht (siehe Seite 172).
Daß Deutsche als Fremdenlegionäre in Tschad dienten, war bekannt. Nicht bekannt hingegen war, daß Bonns Große Koalition auf französischen Wunsch zwei Verwaltungsabkommen mit der autoritären Tschad-Regierung schloß, eines 1968, eines 1969.
In diesem Abkommen erklärte sich die Bundesrepublik bereit, dem Tschad für 1969 Motorfahrzeuge im Wert von zwei Millionen und für 1970/71 Motorfahrzeuge im Wert von vier Millionen Mark zu liefern. Der Tschad erhielt
* 57 BMW-Motorräder R 60,
* geländegängige "Magirus"-Lkw von Klöckner-Humboldt-Deutz,
* Geländewagen "Unimog" von Daimler-Benz und "Landrover" von British-Leyland.
Ausgewiesen sind die vier Millionen im Titel "Nato-Verteidigungs- und Ausrüstungshilfe" 68 623 des Auswärtigen Amtes (05/02). Bis 1966 wurde dieser Titel als "militärische Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe" im Etat des Verteidigungsministeriums geführt. Dann gab es zu diesem Titel im Bundestag eine große Anfrage, weil Bonn über ihn Waffen in Spannungsgebiete -- vor allem an Israel -- geliefert hatte. Der damalige Verteidigungsminister von Hassel war froh, den Titel an das AA abschieben zu können.
Für den Tschad sind die vier Millionen aus Deutschland ein großes Geschenk -- nahezu zehn Prozent des Verteidigungshaushalts.