WISSENSCHAFT Regen auf Bestellung
Kürzlich war eine Wolke entwendet worden. Der US-Bundesstaat Utah erhob einen solchen schwerwiegenden Vorwurf gegen den US-Bundesstaat Nevada. (S. "Spiegel" Nr. 3, Jg. 1948). Nevada hatte die Wolke mit Trockeneis bestreut, es hatte daraufhin aus der Wolke zu regnen begonnen, und Nevada hatte den nassen Vorteil davon. Die Leute in Utah behaupteten, daß ohne diesen Eingriff der Regen aus der Wolke ihnen zugeflossen wäre.
Das Ganze sieht aus nach "Regen auf Bestellung". In USA will man in der Tat bald so weit sein, wenn man dem "American Weekly" glauben darf. Professor Dr. Bill Parkingstone hat ein System für diese Neuerung entwickelt.
Prof. Parkingstone verwendet Elektronenstrahler, die eine Reichweite von 120 km haben. Bei den Versuchen in Kalifornien soll es möglich gewesen sein, die Vorbedingungen für verbreitete Regenfälle zu schaffen.
Der Wissenschaft ist bekannt, daß durch die Elektronenstrahlung der Sonne nicht nur die Polarlichter hervorgerufen werden, sondern auch die Bildung von Cirren, der feinen Eiswolken in großer Höhe, angeregt wird. Außerdem ist bekannt, daß die aus feinsten Wassertröpfchen bestehende Materie der Wolken eine elektrische Ladung besitzt, meist desselben Vorzeichens, so daß sich die Wolkenteilchen abstoßen.
Gelingt es, einen Teil der Tröpfchen mit entgegengesetzter Ladung zu versehen, so ziehen sich die nun positiv und negativ geladenen Tröpfchen an. Sie fließen zusammen, "koagulieren", wie der Fachausdruck ist, werden dadurch schwerer, verlieren schließlich ihre Schwebefähigkeit und fallen: es regnet.
Neben dieser "elektrischen Behandlung" der Atmosphäre ist eine andere Wetterbeeinflussung bekannter und praktisch besser erprobt. Die Ingenieure Vincent G. Schaefer und Dr. Irving Langmuis haben dies Verfahren entwickelt. Es beruht auf der Tatsache, daß alle Regenfälle, mit Ausnahme des feinen Sprühregens, auf die anfängliche Bildung von Schneekristallen zurückgehen, und sei es auch im Sommer.
Mit einer ausgedehnten und hohen Kumuluswolke (Haufenwolke) schweben viele 1000 Tonnen Wasser in der Luft, aber es ist nicht unbedingt nötig, daß es aus der Wolke regnet. Um sie zur Hergabe des Wassers zu veranlassen, muß man ihre obere Partie bis zur Kristallbildung abkühlen. Dies wird erreicht, indem man vom Flugzeug aus feine Kohlendioxydkristalle in die Wolke hineinstäubt.
Der Wasserdampf der Wolken kühlt sich sofort stark ab, und ein Teil der schwebenden Wassertröpfchen gefriert. Die sich bildenden und sinkenden Kristalle reißen auf ihrem Wege nach unten immer neue Wassertröpfchen an sich. Und so rollt der einmal in Gang gesetzte Prozeß, sich aus sich selbst verstärkend, ab: es regnet oder es schneit, je nach der Temperatur der unteren Luftschichten.
Indessen sind dem Verfahren der Messrs. Schaefer und Langmuis Grenzen gesetzt. Damit es Erfolg habe, kommt es auf die Disposition, die Bereitschaft der Atmosphäre an. Es muß nicht nur eine Wolke, es muß auch eine geeignete Wolke da sein, eine regenschwangere, wo es nur auf die Auslösung ankommt.
Gegenüber dem ehern blauen Himmel eines Hochdruckgebietes wird, jedenfalls wie die wissenschaftlichen Dinge jetzt liegen, der Mensch klein beigeben müssen. Oder er müßte schon so ungeheure Energien aufbringen, daß, wie bei dem Brand von Hamburg Ende Juli 1943, im heiteren Himmel eine Riesenwolke mit Schauern von Regen und Hagel künstlich erzeugt wird.