WOLFGANG KETTERER
ist unter Deutschlands Kunstversteigerern noch ein Neuling, dennoch steht er schon in der ersten Reihe. Die bislang zwei Auktionen, bei denen Ketterer, 49, in München ausschließlich moderne Kunst versteigerte, zählten -- sowohl am Umfang und Niveau des Angebots als auch an der Nachfrage der internationalen Kundschaft gemessen -- jeweils zu den Höhepunkten der Saison.
Bei diesem raschen Start mag dem Schwarzwälder Landwirtssohn neben früheren einschlägigen Erfahrungen auch sein Name geholfen haben; denn ein Ketterer -- Wolfgangs älterer Bruder Roman Norbert -- war in den fünfziger Jahren als Inhaber des "Stuttgarter Kunstkabinetts" unbestrittener Primus der deutschen Kunstversteigerer. Der Junior hatte als Bürochef, Warenbeschaffer und Auktionsprotokollant beim Aufbau dieser Firma mitgewirkt, bevor er sich 1953 in Stuttgart selbständig machte. Er betrieb vor allem das Versandgeschäft mit gemäßigt moderner Druckgraphik, die er zum Teil im eigenen Verlag edierte ("Europäische Graphik" mit Blättern von Moore, Kokoschka, Campigli, Sutherland). Der Hobby-Bienenzüchter ("Zehn Jahre lang zehn Völker") verschmähte selbst den Handel mit 30-Mark-Drucken nicht, verkaufte aber als teuerstes Stück auch ein Munch-Gemälde für 370 000 Mark.
1966 mietete Ketterer sich in München ein, im einstigen Bildhaueratelier des Jugendstilkünstlers Franz van Stuck, das ihm nicht nur weitläufige Galerieräume, sondern auch Platz für eine komplette Katalog-Druckwerkstatt bot. Zwei Jahre später fand im Stuck-Haus die erste Wolfgang-Ketterer-Auktion statt.
Im Dschungel des Versteigerungsgeschäfts gibt sich Ketterer als vorsichtiger Aufklärer und Reformer. So schickte er seinem zweiten Auktionskatalog Bemerkungen über die "Funktion des Schätzpreises" voran, der "zwangsläufig zu einem Mittel der Hauspolitik" gemacht werde -- eine verhüllte Polemik gegen Ketterers notorisch zu niedrig taxenden Kollegen Dr. Ernst Hauswedell in Hamburg. Der konziliante Badenser diente ferner dem Reutlinger Rechtsanwalt Dr. Horst Lacher mit Auskünften für dessen jetzt im Münchner Verlag Karl Thiemig erschienenes Handbuch "Das Recht der bildenden Kunst" (352 Seiten; 28 Mark) und lieferte damit Material, das auch ihn selbst belastet. Denn Lachers Kapitel über "Unlautere Beeinflussung des Versteigerungsablaufes" -- in trockenem Juristendeutsch und ohne Nennung konkreter Beispiele abgefaßt -- geriet trotzdem zu einem "Katalog von Delikten" ("FAZ"), zu einer brisanten Anklage gegen die Usancen sämtlicher deutscher Kunstauktionatoren.