BÜCHER Irgendwie passend
Coretta Scott King: "Mein Leben mit Martin Luther King". DVA; 292 Selten; 24 Mark.
"Frauen", so neckte einst der junge Martin Luther King seine verliebte Freundin und künftige Frau Coretta, "sind eben Heldenverehrer." Er neckte, ihre Memoiren erweisen es, seine gläubigste und beständigste Verehrerin.
"Martin", so weiß Coretta Scott King, empfand "eine mystische Identität mit Christi Passion". Und so erzählt sie denn die Biographie des amerikanischen Baptistenpfarrers und Negerführers, der den "gewaltlosen Ungehorsam" predigte und 1964 den Friedens-Nobelpreis erhielt, wie die Passionsgeschichte eines von der "göttlichen Vorsehung" geleiteten "Messias
Eine geistesgestörte Negerin stieß ihm 1958 in Harlem einen scharf geschliffenen Brieföffner in die Brust. Für Frau King war es ein Fingerzeig Gottes auf künftiges Märtyrertum. Bei einer abendlichen Konferenz zur Planung einer Demonstration schliefen seine übermüdeten Ratgeber ein. Coretta Scott Kings Kommentar: "Die Situation erinnerte mich an Christus und seine Jünger im Garten Gethsemane." Eine tiefere Bedeutung hat es denn auch für sie, daß das tödliche Attentat auf den "Propheten" eines "sozialen Evangeliums" der Neger und Armen 1968 in die "Woche vor der Passionswoche" fiel. "Irgendwie", so schreibt sie, "war es passend." Und zuversichtlich glaubt sie an Martins "Auferstehung", zumindest "im Leben anderer, die sich einer großen Sache weihten".
Freilich klingt das Unglaubliche in diesem kunstlosen Buch, dessen deutsche Ausgabe gleichwohl bereits auf der Bestseller-Liste klettert, verblüffend wahrhaftig. Frau King schildert, was sie für Wunder und Zeichen hält. in einer so kindlichen, fast treuherzigen Sprache, daß es schwerfällt, an ihrer Aufrichtigkeit zu zweifeln. Zwar wurde ihr Buch schon weltweit übersetzt. Doch rechnet es wohl mehr mit einem Publikum, das religiöse Skepsis nicht kennt -- ein Dokument der Soul- und Gospel-Frömmigkeit aus den Negerpfarren des amerikanischen Südens.