KRIEGSSCHULD Rätsel am 9.9.
Die Frage, ob Deutschland am Ersten Weltkrieg schuld gewesen ist - im Versailler Vertrag bejaht und von einer Generation deutscher Historiker leidenschaftlich verneint -, ist wieder aufgeworfen worden. Im Mittelpunkt der neuen Debatte steht Theobald von Bethmann Hollweg, der 1909 ins Amt berufene Reichskanzler, der Deutschland 1914 in den Krieg führte.
Bethmann Hollweg galt für den größten Teil der deutschen Historiker noch bis vor kurzem als eine "hamletartige" Figur (Paul Sethe in der "Welt"), als "schwerblütig gewissenhafter Reichskanzler", der "ehrlich verzweifelt", aber erfolglos den Weltkrieg zu verhindern versuchte (Professor Hans Herzfeld in der neuen Propyläen-Weltgeschichte) - auf jeden Fall als ein zwar schwächlicher, doch im Grunde friedlich gesinnter Staatsmann.
An diesem durch vier Jahrzehnte deutscher Geschichtsschreibung patinierten Bild Bethmann Hollwegs haben beinahe gleichzeitig zwei Hamburger Historiker wesentliche Korrekturen vorgenommen - allerdings mit völlig gegensätzlicher Tendenz.
Professor Fritz Fischer, Ordinarius für Mittlere und Neuere Geschichte an der Hamburger Universität, stellte in seinem 1961 erschienenen Buch "Griff nach der Weltmacht" (SPIEGEL 49/1961) den Kanzler Bethmann Hollweg als einen Staatsmann dar, der in den Julitagen 1914 "bewußt das Risiko eines Weltkrieges" übernahm, um in Mitteleuropa ein sich über das Baltikum Polen, Österreich, den Balkan, Frankreich, Belgien, Holland und Skandinavien erstreckendes deutsches Imperium zu errichten.
Fischer: Bethmann Hollweg wollte "diesen Krieg zum Durchbruch Deutschlands zur Stellung einer Weltmacht ... benutzen".
Wegen dieses Kriegszieles habe - so Fischers Hauptthese - Bethmann Hollweg bis zu seinem Sturz 1917 und habe die deutsche Reichsregierung bis 1918 jede friedliche Lösung auf Grund der Reichsgrenzen von 1914 abgelehnt.
In dem soeben erschienenen ersten Band einer auf drei Teile berechneten Dokumentenveröffentlichung hat nun der Fischer-Schüler Imanuel Geiss das Kriegsschuld-Thema erneut aufgegriffen*. Fischer fordert in einem Vorwort zu dem Buch von Geiss, "die historische Bestandsaufnahme (zur deutschen Kriegsschuld), die nach 1919 in einer hektischen innenpolitischen Situation unterblieben war, fast zwei Generationen nach Ausbruch des 1. Weltkriegs nachzuholen".
Fast gleichzeitig mit Fischers Buch "Griff nach der Weltmacht" erschien in der Zeitschrift "Das Parlament" eine Studie Professor Egmont Zechlins, auch er Ordinarius für Mittlere und Neuere Geschichte in Hamburg. Zechlins Studie (Titel: "Friedensbestrebungen und Revolutionierungsversuche") soll demnächst als Buch herauskommen. Zechlin meint darin, daß Bethmann Hollweg "kein festes Kriegszielprogramm vertreten hat", daß "Männer wie Bethmann, Jagow" (Staatssekretär des Äußeren bei Kriegsausbruch) "oder Wilhelm II. keine auch nur latenten Hegemonialziele" hatten, und daß "die Arbeit an der Wiederherstellung des Friedens ... geradezu ... die Kontinuität der Bethmannschen Politik" gebildet habe.
Während also Bethmann bei Fischer als zielbewußter Machtpolitiker erscheint, zeichnet ihn Zechlin als zielbewußten Friedenspolitiker, dem allerdings am Ende kein Erfolg beschieden war.
Die Kontroverse der beiden Hamburger Professoren hat inzwischen fast die gesamte deutsche Historiker-Elite mobilisiert. Insbesondere Fischers Buch ist, wenn auch mit unterschiedlicher Schärfe, kritisiert worden.
So beklagte der Altmeister deutscher Geschichtsschreibung, der Freiburger Professor Gerhard Ritter, das Fischer -Buch als ein Dokument deutscher "Selbstverdunkelung".
Ähnlich lautete auch das Urteil des Marburger Neuhistorikers Ludwig Dehio: "Eine repräsentative Leistung der desillusionierten, ,zornigen' Generation, deren prägendes Erlebnis die Hitlerzeit war."
Dehio bezweifelte im "Monat" Fischers These von Bethmanns Hegemonialstreben schon deswegen, weil der Reichskanzler niemals sein Kriegszielprogramm veröffentlicht hat; das Programm ist erst durch Fischer ans Tageslicht gefördert worden. Daraus schließt Dehio, daß Bethmann "freie Hand für Verhandlungen behalten" wollte, um am Ende auch auf einen Verständigungsfrieden eingehen zu können.
Am schärfsten verfuhr mit Fischers "Griff nach der Weltmacht" der Herausgeber der Propyläen-Weltgeschichte, der Stuttgarter Professor Golo Mann: Fischers Buch sei "im Grunde verfehlt". Dem Werk fehle insbesondere "ein gar zu wesentlicher Teil der zu verstehenden, darzustellenden Realität".
Tatsächlich habe Fischer auch die Figur Bethmann Hollwegs verzeichnet. Der Kanzler erscheine bei Fischer als "der eigentliche Teufel unter den Teufeln", in Wirklichkeit sei Bethmann jedoch "ein ehrenhafter, von der Geschichte jammervoll überforderter Bürokrat" gewesen: Konziliant und schwach, zu schwach, um ganz wahrhaftig zu sein, gutmütig und beifallsüchtig."
Daß Bethmann den Ersten Weltkrieg mit inszeniert hat (Fischer: Die deutsche Reichsführung habe "einen erheblichen Teil der historischen Verantwortung für den Ausbruch des allgemeinen Krieges" zu tragen), ist Fischers Überzeugung, und er erklärt auch, warum insbesondere Bethmann diese Verantwortung auf sich nahm - nach Fischers Ansicht: weil Bethmann Deutschland zur vierten Weltmacht, zur Hegemonialmacht Zentraleuropas (Bethmann: "Von den Pyrenäen bis zur Memel, vom Schwarzen Meer bis zur Nordsee, vom Mittelmeer bis Ostsee") und überdies zur Schutzmacht eines riesigen Kolonial-Imperiums in Zentralafrika machen wollte. Hauptbeweisstück Fischers für Bethmanns Weltmachtpläne ist eine Denkschrift, die Bethmann wenige Wochen nach Kriegsausbruch, am 9. September 1914, im kaiserlichen Hauptquartier für seinen Stellvertreter in Berlin, den Staatssekretär Clemens von Delbrück, verfaßte.
In dieser Denkschrift (von Bethmann als eine "vorläufige Aufzeichnung über die Richtlinien unserer Politik beim Friedensschluß" bezeichnet) forderte der Reichskanzler,
- Frankreich solle im Friedensvertrag auf jeden Fall das Erzbecken von Briey, eventuell auch Belfort, den westlichen Vogesenabhang und einen Küstenstrich von Dünkirchen bis Boulogne abtreten.
- Belgien solle Lüttich und Verviers an Preußen, einen Grenzstreifen an Luxemburg verlieren und im übrigen in einen deutschen "Vasallenstaat" verwandelt werden.
Den Kern aber des Bethmannschen Kriegszielprogramms bildete die sogenannte "Mitteleuropa-Idee", die Gründung eines von Deutschland beherrschten mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes unter Einschluß von Frankreich, Belgien, Holland, Dänemark, Österreich -Ungarn, Polen und eventuell Italien, Schweden und Norwegen. (Luxemburg sollte Bundesland des Deutschen Reiches werden.)
An diesem Dokument, das Fischer in dem von der DDR gehüteten "Zentralarchiv" in Potsdam fand und 1959 auszugsweise in der "Historischen Zeitschrift" veröffentlichte, setzte im Jahre 1961 die Kontroverse zwischen Fischer und seinem Hamburger Kollegen Zechlin an.
Zechlin zu der ihm damals bekannten Fischer-Veröffentlichung in der "Historischen Zeitschrift": Die Denkschrift Bethmanns enthalte "zum Teil Gedankengänge und Formulierungen anderer Personen und dürfte erst mit Kenntnis ihrer Entstehungsgeschichte und vor allem in ihrer Situationsbedingtheit zu einer Urteilsbildung über die Politik Bethmanns herangezogen werden". Zechlins Einwände liefen auf zwei Punkte hinaus: Die Denkschrift
- stelle möglicherweise das Produkt
von Einflüsterungen "anderer Personen" dar und sei mithin nicht unbedingt für Bethmanns Kriegsziel -Vorstellungen charakteristisch, und
- sei "situationsbedingt" gewesen, anders ausgedrückt: Bethmann habe sie unter dem Eindruck des scheinbar unaufhaltsamen deutschen Vormarsches auf Paris formuliert (tatsächlich unterzeichnete sie Bethmann just an jenem 9. September, an dem eben dieser deutsche Vormarsch endgültig zum Stehen kam, wovon Bethmann aber zu jenem Zeitpunkt noch nichts wußte). Bethmann habe aber unmittelbar nach dem 9. September diese Kriegsziele fallenlassen.
Zwar kommt Fischers Buch den Zechlinschen Einwänden in der Sache stark entgegen, interpretiert sie aber durchaus anders. Fischer bestreitet nicht nur nicht, daß Bethmanns Kriegszielprogramm vom 9. September unter dem Einfluß "anderer Personen" zustande gekommen ist, sondern unterstreicht und belegt diese Theorie noch durch eine Menge Details - sieht jedoch gerade in diesen Details den Beweis dafür, daß Bethmanns Kriegszielprogramm vom 9. September sich auf eine breite Zustimmung außerhalb der eigentlichen Regierung stützen konnte und eben aus diesem Grunde als durchaus ernsthaft gemeint verstanden werden muß.
Diese Beeinflussung Bethmanns im Sinne einer deutschen Weltmachtpolitik ist laut Fischer zunächst vor allem von deutschen Industrie- und Bankkreisen ausgegangen, später - nach Ausbruch des Weltkrieges - auch von deutschen Intellektuellen und von meinungsbildenden Verbänden, vor allem von dem Alldeutschen Verband des Justizrats Heinrich Claß.
Als den bedeutendsten geistigen Urheber des Bethmannschen Kriegszielprogramms vom 9. September 1914 nennt Fischer den Chef der AEG, Walther Rathenau. Daneben führt er auch noch die Direktoren der Deutschen Bank Arthur von Gwinner und Karl Helfferich auf.
Diese Männer hätten - so Fischer - dem Reichskanzler schon vor dem Kriege den Mitteleuropa-Gedanken "nahegebracht", und Rathenau habe in den ersten Kriegstagen in einer großen Denkschrift den Kanzler darauf hingewiesen, daß "nur ein durch 'Mitteleuropa' verstärktes Deutschland" künftig in der Lage sein werde, sich zwischen England/Amerika einerseits und Rußland andererseits "als ebenbürtige Weltmacht zu behaupten". Dieses "unbedingte Ziel" sollte, laut Rathenau, wenn nötig mit Gewalt durchgesetzt werden.
Bethmann habe sich, so Fischer, von diesen Gedankengängen Rathenaus "tief beeindruckt" gezeigt und Rathenaus Mitteleuropa-Denkschrift bei allen Ressorts seines Kabinetts in Umlauf gegeben.
Ähnlich wie Rathenau hielt Arthur von Gwinner es für besser, "Deutschlands wirtschaftliche Vorherrschaft (in Europa) zu etablieren" als "blindlings eine Politik der Annexionen zu beginnen".
Ohne in diese Details zu gehen, nimmt auch Zechlin an, daß Bethmanns Kriegsziele vom 9. September unter dem Einfluß "anderer Personen" zustande gekommen waren; er bezweifelt nur, daß dieser Einfluß nachhaltig gewesen ist - meint vielmehr, daß Bethmann unmittelbar nach dem 9. September zu einer nüchterneren Betrachtungsweise der deutschen Möglichkeiten zurückkehrte.
An dieser Stelle spitzen sich die Meinungsverschiedenheiten der beiden Hamburger Professoren auf ein einziges Dokument zu - auf das Protokoll eines Gesprächs, das am 8. Dezember 1914 stattfand und an dem neben dem Reichskanzler die Repräsentanten der beiden größten deutschen Industrieverbände von damals teilnahmen. Das waren
- der spätere Außenminister und
Reichskanzler der Weimarer Republik, Gustav Stresemann, damals zweiter Vorsitzender des "Bundes der Industriellen" (der die verarbeitende Industrie repräsentierte), und - Landrat a. D. Heinrich Roetger, Syndikus des die (rheinische) Schwerindustrie repräsentierenden "Centralverbands Deutscher Industrieller".
Das Protokoll, das von Stresemann verfaßt wurde, beschrieb zunächst die Wünsche der beiden Industrieverbände in bezug auf das deutsche Kriegszielprogramm. Danach sollte Deutschland bei Friedensschluß nicht nur im Westen Ansprüche geltend machen (ähnlich wie in Bethmanns September-Programm, nämlich auf Belgien, Longwy-Briey, Belfort), sondern auch im Osten, und zwar auf Polen und baltische Gebiete (Kurland und Estland).
Rund vier Fünftel des Stresemann -Protokolls sind der Stellungnahme Bethmanns zu diesen Kriegszielwünschen der beiden Industrieverbände gewidmet. Etwa in der Mitte dieser Stellungnahme findet sich ein Satz, in dem Stresemann den Eindruck verzeichnet, Bethmann stimme im wesentlichen den Annexionswünschen der deutschen Industrie zu. Stresemann: "Im großen ganzen gingen unsere Ansichten nicht sehr weit auseinander."
Auf diesen Satz stützt Fischer seine Interpretation, wonach Bethmann noch am 8. Dezember 1914 - trotz des Scheiterns der deutschen September-Offensive in Frankreich - an seinem Kriegszielprogramm vom 9. September festhielt.
Fischer: "Der Kanzler stimmte ihnen (Stresemann und Roetger), wie Stresemann in seinen Aufzeichnungen festhielt, 'im großen und ganzen zu', was heute nach Kenntnis der Akten, besonders Bethmann Hollwegs September-Programms, weder als Überinterpretation Stresemanns noch als bloße politische Taktik des Reichskanzlers aufgefaßt zu werden braucht..."
Diese Verengung des Stresemann-Protokolls auf ein einziges kurzes Zitat hat dem Historiker Fischer von vielen Seiten her Kritik eingetragen - vor allem von Zechlin.
Zechlin, der das umstrittene Protokoll im Wortlaut veröffentlicht, gelangt zu der Ansicht, daß man aus dem Schriftstück genau das Gegenteil der Fischerschen Auslegung herauslesen müsse. Zwar habe Bethmann gegenüber Stresemann und Roetger "der Form nach verbindliche Bemerkungen" fallenlassen, indessen zeige das Protokoll in seiner Gesamtheit, "daß Bethmann sich im Gegenteil von den Vorstellungen und Plänen dieser Leute distanzierte".
Zum Beweis seiner Interpretation zitiert Egmont Zechlin, daß Bethmann Hollweg (laut Stresemann) sagte:
- er möchte "am liebsten überhaupt keinen Quadratmeter fremdsprachigen Gebiets" annektieren;
- als eine seiner Hauptaufgaben betrachte er die Versöhnung Deutschlands mit Frankreich;
- Belgien als "Kroncolonie" zu behandeln, sei ihm "nicht unsympathisch", doch müsse darüber "noch eingehender" gesprochen werden. Fischer stützt seine Interpretation des Stresemann-Protokolls auf Bethmanns Kriegszielprogramm vom 9. September: Was damals der Reichskanzler seinem Stellvertreter Delbrück nach Berlin schrieb, dem stimmte er - laut Fischers Auslegung - auch noch am 8. Dezember "im großen und ganzen" zu.
Umgekehrt verfährt Zechlin: Nach seiner Interpretation ist das Stresemann-Protokoll ein Beweis dafür, daß Bethmanns September-Kriegsziele nur eine vorübergehende Spekulation bildeten, zu der Bethmann angesichts des scheinbar bevorstehenden deutschen Sieges gekommen war. Unmittelbar nach dem 9. September aber zeigte sich, daß diese Hoffnung falsch war, und Bethmann trennte sich - so ist jedenfalls Zechlins Ansicht - daraufhin von der Vorstellung, Deutschlands Gegnern den Frieden diktieren zu können.
Als den entscheidenden Wendepunkt der Bethmannschen Friedensvorstellungen zwischen 9. September und 8. Dezember bezeichnet Zechlin den 18. November 1914. An diesem Tag traf Bethmann mit dem Chef des deutschen Generalstabs, dem General Erich von Falkenhayn, zusammen. Bei dieser Gelegenheit erklärte Falkenhayn (und Bethmann berichtete so nach Berlin an das Auswärtige Amt), daß die "völlige Besiegung und Vernichtung unserer Gegner ... ausgeschlossen" sei. Zechlin: "Dieses Eingeständnis änderte im Grunde alles."
Wie überzeugend auch immer Zechlins Interpretation des Stresemann -Protokolls aussieht - Paul Sethe fand, daß sie Fischers Darstellung des Reichskanzlers Bethmann als Machtpolitiker nicht schlüssig zu entkräften vermag.
In der Tat belegt Fischer seine These, Bethmann habe Deutschland zur "vierten Weltmacht" machen wollen, noch durch üppig dokumentierte Darlegungen. Danach soll Bethmann:
- In der Julikrise 1914 zielbewußt zum Kriege getrieben haben; Fischer behauptet, Bethmann habe in den Tagen vor Kriegsausbruch Österreich in den Krieg gegen Serbien manövriert und habe sogar den Kaiser getäuscht, um den Krieg herbeizuführen.
- Während des Krieges, bis zu seinem Sturz 1917, jede friedliche Lösung auf Basis der Reichsgrenzen von 1914 abgelehnt haben.
Unterstellt, daß diese beiden, von Fischer mit dem "Scharfblick des Staatsanwaltes" (Dehio) betriebenen Darlegungen sich als stichhaltig erweisen, müßte auch akzeptiert werden, daß Bethmanns September-Denkschrift das durchgängige Kriegsprogramm Bethmanns gewesen ist. Denn wenn Bethmann sich so verhalten hat, wie Fischer behauptet, besteht kein Grund zu bezweifeln, daß Bethmann anstrebte, "diesen Krieg zum Durchbruch Deutschlands zur Stellung einer Weltmacht zu benutzen" (Fischer). Dann besteht auch keine Ursache, die Ernsthaftigkeit der Denkschrift Bethmanns vom 9. September zu bezweifeln.
Indessen hat sich die deutsche Historiker-Elite zu Fischers Ergebnissen (die ohne Zweifel die deutsche Hauptschuld am Ersten Weltkrieg implizieren) noch nicht entschließen können.
Für sie bleibt Bethmanns Denkschrift vom 9. September und bleibt ihr Verfasser noch ein Rätsel.
Paul Sethe: "Man ist verzweifelt, man kann den maßvollen und weitblickenden Staatsmann Bethmann nicht mit diesem weltfremden Eroberungspolitiker (des September-Programms) zusammenbringen, man steht vor einem Rätsel."
* Imanuel Geiss: "Julikrise und Kriegsausbruch 1914 - Eine Dokumentensammlung". Verlag für Literatur und Zeitgeschehen GmbH, Hannover; 442 Seiten; 38 Mark.
* Zechlins Studie erschien im Mai/Juni 1961;
Zechlin kannte damals die Hauptthesen und Beweisstücke seines Kollegen nur aus kurzen Vorweg-Veröffentlichungen Fischers in der Historischen Zeitschrift. Fischers 960-Seiten -Buch war zum Zeitpunkt der Zechlinschen Veröffentlichung schon im wesentlichen abgeschlossen, aber noch nicht auf dem Markt.
Kanzler Bethmann, Ratgeber Jagow, Helfferich: "Teufel unter den Teufeln"
Industrie-Funktionär Stresemann, Braut: Eroberungen in Ost und West
Kriegsziel-Planer Rathenau
Lüttich an Preußen
Bethmann-Kritiker Fischer
Wurde der Kaiser getauscht?
Bethmann-Verteidiger Zechlin
Wollte der-Kanzler den-Krieg?