GESTORBEN Jurij Brezan
Jurij Brezan , 89. Drei jüngere Schwestern, die mit immer neuen Geschichten versorgt werden wollten, hatten den Sohn eines Steinbrucharbeiters aus der Lausitz zum Erzählen gebracht. Es sollte ein leidenschaftlicher Chronist der Kultur seines Heimatvolkes, der Sorben, die in Brandenburg und Sachsen leben, aus ihm werden. Als ihr "Nationaldichter" verfasste er auf Sorbisch und Deutsch mehr als 50 Bücher, Erzählungen, Romane und Kinderbücher, die in 25 Sprachen übersetzt wurden. In "Mein Stück Zeit" schildert er seine wegen der Mitgliedschaft in einer sorbischen Widerstandsgruppe erfolgte Verhaftung durch die Nazis; in dem nach dem Zusammenbruch der DDR geschriebenen Erinnerungsbuch "Ohne Paß und Zoll" beschreibt sich der später wegen seiner privilegierten Stellung als Vizepräsident des Schriftstellerverbandes der DDR kritisierte Brezan als sozialistisch gesinnten Mann, aber auch als einen, der eine "naturgeschenkte Allergie gegen jedwede Macht" hat. Der Roman "Krabat oder die Verwandlung der Welt" (1976), den er selbst für seinen besten hielt, handelt von der Frage, ob die moralische Entwicklung der Gesellschaft mit den technischen Errungenschaften Schritt halten könne. Die autobiografisch geprägte Romantrilogie "Der Gymnasiast", "Semester der verlorenen Zeit" und "Mannesjahre" war mit einer Auflage von fast einer Million der größten Bucherfolge in der DDR. Jurij Brezan starb am 12. März im sächsischen Kamenz.