VOLKSVERHETZUNG „Kaum nachweisbar“
SPIEGEL: Herr Walter, das Amtsgericht Regensburg hat gegen Richard Williamson einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung erlassen. Zu Recht?
Walter: Ich habe erhebliche Zweifel. Zwar ist die Tür zum deutschen Strafrecht prinzipiell aufgestoßen, da Williamson das Interview mit dem schwedischen TV-Sender, um das es hier geht, in Deutschland gegeben hat. Seine Äußerung - eine klassische "Auschwitz-Lüge" - fällt grundsätzlich unter unseren Volksverhetzungsparagrafen. Sie war auch geeignet, den öffentlichen Frieden in Deutschland zu stören, nachdem sie hier bekannt geworden war.
SPIEGEL: Was spricht trotzdem gegen die Strafbarkeit?
Walter: Die Äußerung muss öffentlich oder in einer Versammlung gemacht werden. Auf die Interviewsituation selbst trifft das aber eindeutig nicht zu. Die Ausstrahlung in Schweden, von der Williamson wusste, war zwar öffentlich, und vom Wortlaut des Gesetzes her könnte das reichen. Da es aber hier um den öffentlichen Frieden in Deutschland geht, läge es nahe, eine deutsche Öffentlichkeit zu verlangen. Das heißt bei Äußerungen im Fernsehen: eine Ausstrahlung in Deutschland.
SPIEGEL: Es reicht nicht, dass deutsche Medien darüber berichteten?
Walter: So sieht es offenbar das Amtsgericht. Das hieße aber auch, dass etwa auf eine Beleidigung unter Chinesen in China deutsches Strafrecht Anwendung fände, sobald hierzulande darüber berichtet wird. Das ginge mir zu weit.
SPIEGEL: Und dass der Film im Internet - und damit auch in Deutschland - zu sehen war?
Walter: Ich bin kein Freund von Williamson, aber ich bezweifle, dass man ihm das als seine Tat zurechnen kann - es sei denn, es geschah auf seine Weisung. Und dass er billigend in Kauf nahm, dass seine Äußerungen in dieser Form nach Deutschland schwappen, wird man ihm kaum nachweisen können.