GESTORBEN Thomas Harlan
Thomas Harlan, 81. Er war der Sohn eines verlorenen Vaters, sein Leben verstrickt in die Schuld, die der Nazi-Regisseur Veit Harlan mit dem schlimmsten Werk des deutschen Kinos, "Jud Süß", auf sich geladen hatte. Als Kind erlebte Thomas Harlan, was es hieß, zu einem Clan der Nazi-Günstlinge zu gehören: Propagandaminister Goebbels ließ dem Geburtstagskind das arisierte Kaufhaus Wertheim aufschließen und beschenkte es mit einer Märklin-Eisenbahn. Das Erwachen aus den Kinderträumen nach dem Krieg war brutal. Der Regisseurssohn stellte sich der Schuld, die sein Vater nie eingestanden hatte, mit bewundernswerter Konsequenz. Er führte das Leben eines linken Kämpfers im Schatten des Leidens an Deutschland. Der zornige Wahrheitssucher hinterließ kein großes Werk; er machte Filme ("Wundkanal") und schrieb Romane ("Heldenfriedhof"). Vom Grauen sagte der schwer Lungenkranke resigniert: "Ich hab's angefasst, aber nicht begriffen." Thomas Harlan starb am 16. Oktober in Schönau bei Berchtesgaden.