20.01.1992
GESTORBENMartin S. Svoboda
84. Als die Tagesschau noch ein Kellerkind und nicht die Gouvernante der Nation war, in den frühen fünfziger Jahren, schlug die große Stunde des Fernseh-Pioniers. Im Keller einer Hamburger Villa schnippelte Svoboda aus den Filmabfällen der Neuen Deutschen Wochenschau dreimal wöchentlich eine Nachrichtensendung für das gerade gestartete und von den Leuten der Filmbranche verachtete Medium Fernsehen zusammen. Höchstpersönlich brachte der gebürtige Breslauer per U-Bahn die Filmrollen zum Sender. Meist enthielten sie Bilder von Unglücken (Schiffshavarien liebte Ex-Seemann Svoboda besonders), Modenschauen und von Boxkämpfen (der Pionier hatte in seiner Jugend gern im Ring gestanden). Politiker, die Dauer-Bildschirmfüller von heute, kamen damals nur selten vor. Mit der Etablierung der Tagesschau als politischer Nachrichtensendung im Hamburger Funkhaus war für deren Erfinder kein Platz mehr. Leute wie er, der den CDU-Bundesinnenminister Gerhard Schröder beschied, er möge später anrufen, man sei gerade in einer Redaktionssitzung, paßten nicht mehr in die Landschaft. 1960 wurde Svoboda als "erster Redakteur" der ARD-Nachrichten-Sendung abgelöst und auf die Position eines Sendeleiters abgeschoben. Svoboda starb jetzt in Hamburg.
DER SPIEGEL 4/1992
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