GESTORBEN Friedrich Dickel
79. Die letzten Stunden der DDR waren schon eingeläutet, da trat am 6. November 1989 ein alter Mann vor die Kameras in Ost-Berlin und versuchte zu retten, was bereits verloren war: Mit zittriger Stimme trug Innenminister Friedrich Dickel den Entwurf eines neuen Gesetzes vor, das allen DDR-Bürgern uneingeschränkte Reisefreiheit zusichern sollte. Das Manöver des alten Systems mißlang: Einen Tag später mußte Dickel zusammen mit dem gesamten Kabinett Stoph zurücktreten, zwei Tage danach kümmerte sich die Geschichte schon nicht mehr um den General und seinen gefürchteten Volkspolizeiapparat. Dem hatte Dickel 26 Jahre lang vorgestanden, stets stramme Marionette der Parteispitze. Als deren treuer Diener hatte sich Dickel immer verstanden, einer von den vielen, die dem DDR-Sozialismus sein verknittertes Bürokratengesicht verliehen. Friedrich Dickel starb am vorvergangenen Freitag.