
Breite Unterstützung: Prominente Deutsche fordern Asyl für Snowden
Kultur "Unbedingt Asyl für Edward Snowden"
Volker Schlöndorff, 74, Regisseur "Vielleicht hat Edward Snowden noch ein paar Geheimnisse für die Kanzlerin. Deutschland sollte ihm auf jeden Fall Asyl gewähren. Und wir sollten Snowden bitten, abhörsichere Systeme für Europa zu entwickeln."
Reinhard Rauball, 66, Bundesliga-Präsident "Snowdens uneigennütziges Handeln wird nachhaltige Konsequenzen für das Verhalten der Staaten untereinander haben. Willkürliche Überwachungen in bislang ungeahnten Ausmaßen sind eine erhebliche Beeinträchtigung der Menschenrechte."
Gregor Gysi, 65, Die Linke "Asyl oder zumindest ein Zeugenschutzprogramm ist deshalb erforderlich, weil er in den USA wegen Geheimnisverrats hoch bestraft werden würde, und zwar aus einem politischen Grund. Dieser Geheimnisverrat hat aber die deutsche Bevölkerung erst aufgeklärt, zwingt inzwischen die Bundesregierung, über den Schutz ihrer Bevölkerung - einschließlich der Kanzlerin - nachzudenken. Eine politische Straftat, die uns nutzt, die man moralisch hoch bewerten muss, erfordert Asyl, zumindest ein Zeugenschutzprogramm."
Leander Haußmann, 54, Regisseur "Strafe muss sein, liebe Amis!"
Veit Heinichen, 56, Krimi-Autor "Unbedingt! Aber das wird nie passieren, weil die deutsche Unabhängigkeit innerhalb des westlichen Machtbündnisses nur vorgetäuscht ist."
Heiner Geißler, 83, CDU "Unbedingt! Snowden hat der westlichen Welt einen großen Dienst erwiesen. Jetzt ist es an uns, ihm zu helfen. Als ein überzeugter Anhänger der transatlantischen Beziehungen bin ich zutiefst traurig über die Entwicklung der letzten Wochen."
Silvia Bovenschen, 67, Schriftstellerin "Snowden ist ein Held."
Jürgen Becker, 54, Kabarettist "Da bin ich sofort dafür! Noch besser wäre es, Snowden den Friedensnobelpreis zu verleihen, dann könnten ihm die Amerikaner nichts mehr anhaben."
Inga Humpe, 57, Musikerin "Asyl für Cyber Jesus! Er verhilft uns mit seinen Enthüllungen zu einem neuen Bewusstsein über den herrschenden Kontrollwahn."
Tom Stromberg, 53, Theatermanager "Für ihn gilt: Etwas Besseres als Putin findet er überall."
Antje Kunstmann, 64, Verlegerin "Bin unbedingt dafür. Außerdem soll er den Friedensnobelpreis bekommen - mindestens!"
Westbam, 48, Musiker "Ströbele bei Snowden hat schon fast eine Grandesse wie Springer bei Chruschtschow. Auf nach Moskau, Deutschland retten. Klingt etwas komisch, stimmt aber irgendwie leider ein bisschen."
Thomas Brussig, 48, Schriftsteller "Die ganze Sache ist eine Ohrfeige für die USA. Snowden hat Deutschland eine wichtige Debatte verschafft. Er verkörpert den Geist von Freiheit und Aufklärung und würde sich bei uns sehr gut machen."
Angelica Domröse, 72, Schauspielerin "Ich bin immer dafür, dass man jemandem, der bedroht ist, Aufnahme gewährt. Diese Haltung resultiert schon allein aus meinen Erfahrungen mit der Mauer."
Udo Lindenberg, 67, Musiker "Im Atlantic Hotel kann ich bestimmt ein Zimmer für ihn klarmachen - welcome Edward."
Alice Schwarzer, 70, Publizistin "Ich fände es sehr sinnvoll, wenn er vor dem Untersuchungsausschuss in Deutschland aussagen würde. Er hat entscheidend zu der so notwendigen Debatte beigetragen. Und er verdient unseren Respekt: Er hat gewusst, was er tut - und er zahlt einen hohen Preis."
Bernd Schlömer, 42, Piratenpartei "Ich wünsche mir mehr Mut von der Bundesregierung: Unsere Interessen nach Aufklärung und Bürgerrechten wiegen mehr als die amerikanischen Befindlichkeiten."
Imke Duplitzer, 38, Fechterin "Snowden hat aufgezeigt, wie die USA den Rest der Welt behandeln. Nun ist es an der Zeit, Amerika klarzumachen, dass es so nicht geht."
Jürgen Flimm, 72, Intendant in Berlin "Ich finde das toll, wenn Snowden käme, ich würde ihn auch beköstigen. Dass er mit diesem ganzen Abhör-Spuk aufgeräumt hat, ist den Friedensnobelpreis wert."
Nike Wagner, 68, Intendantin in Bonn "Allein schon aus Dankbarkeit für das, was er getan hat."
Helge Malchow, 63, Verleger "Eine überwältigende Leistung für die Demokratie. Das allein rechtfertigt es, ihm Asyl zu gewähren. Und als Zeuge in einen Ausschuss sollte er sowieso geladen werden."
Caroline Peters, 42, Schauspielerin "Als ich das erste Mal von Snowden gehört habe, dachte ich, hat irgendjemand ernsthaft damit gerechnet, dass das Internet frei und sicher ist, und muss man das noch aussprechen? An der Welle von Angst und Empörung, die Snowdens Enthüllungen auslösten, habe ich erst verstanden, dass man das dringend offen aussprechen musste. Er hat ein diffuses, von allen geteiltes Schweigen gebrochen, das hat ihn zum Flüchtenden gemacht. Nun sollte man ihm helfen, nicht auch zum Schweigenden gemacht zu werden."
Sylvia Löhrmann, 56, stellvertretende Ministerpräsidentin NRW "Da Edward Snowden zur Aussage bereit ist, sollte diese Möglichkeit unbedingt genutzt werden. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf umfassende Aufklärung. Jetzt wird sich zeigen, wie ernst es die Bundesregierung damit meint. Es wurde lange genug über Snowden geredet, jetzt müssen wir mit ihm reden."
Bibiana Beglau, 42, Schauspielerin "Vielleicht empfindet die amerikanische Regierung ihn als Verräter, ich erlebe seine Taten aber als die eines Beschützers der Demokratie."
Thomas Ostermeier, 45, Intendant in Berlin "Eigentlich bin ich dafür, aber weil ich nächste Woche in die USA reisen möchte mit Ibsens "Volksfeind", dem ersten Stück über einen Whistleblower, bin ich dagegen."
Bodo Kirchhoff, 65, Schriftsteller "Das ist keine politische, sondern eine urmenschliche Frage: Der Mann hat alles gegeben, und jetzt gibt man ihm etwas zurück."
Hans Neuenfels, 72, Theater- und Opernregisseur "Ihm ist zu verdanken, dass wir nun darauf aufpassen, nicht mehr in die Situation zu geraten, unser Ich unfreiwillig bloßzustellen."
Monika Maron, 72, Schriftstellerin "Edward Snowden gehört nicht zu Putin, Edward Snowden gehört zu uns."
Ferdinand von Schirach, 49, Anwalt und Schriftsteller "Snowden verstößt gegen die Geheimhaltungspflichten, die ihm sein Staat auferlegt hat, er begeht damit Straftaten. Aber das darf hier nicht allein entscheidend sein. Hinter einer hohen Schwelle gibt es nämlich eine Pflicht des Bürgers zum Ungehorsam gegen den Staat. Der US-amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau sagte: ,Man sollte nicht den Respekt vor dem Gesetz pflegen, sondern vor der Gerechtigkeit.' Genau das hat Snowden getan."
Alissa Walser, 52, Schriftstellerin "Transparenz darf keine Einbahnstraße sein."
Samuel Finzi, 47, Schauspieler "Edward Snowden macht etwas, das für das Sein einer Demokratie wesentlich ist - die freie Meinungsäußerung. Dass diese unbequem für die amerikanische Regierung und noch viel unbequemer für uns Nutzer der neuen Medien ist, kann nach den mutigen Enthüllungen niemand mehr aussitzen."
Oliver Welke, 47, ZDF-Moderator "Ich halte ihn für einen ernsthaften Bundesverdienstkreuz-Anwärter."
Julia Franck, 43, Schriftstellerin "Für Transparenz und Gastlichkeit!"
Daniel Brühl, 35, Schauspieler "Ich würde es begrüßen, wenn Snowden in einem demokratischen Land, das die Demokratie vor alle anderen Interessen und Bündnisse stellt, Asyl bekommen würde."
Karen Duve, 51, Schriftstellerin "Unsere Loyalität sollte nicht denen gehören, die uns ausspähen, sondern demjenigen, der es ermöglicht hat, dass wir davon wissen."
Dirk Roßmann, 67, Drogeriekette Rossmann "Wer nicht will, dass das Schreckensszenario aus Aldous Huxleys "Schöne neue Welt" Wirklichkeit wird, sollte Menschen wie ihm jede erdenkliche Unterstützung geben."
Terézia Mora, 42, Schriftstellerin "Ich bin auf der Seite von Whistleblowern."
Jan Josef Liefers, 49, Schauspieler "Natürlich befürworte ich Asyl für Snowden. Deutschland verweigert ihm Asyl ja nicht aus selbstgewonnener Überzeugung, sondern lediglich aus Loyalität den USA gegenüber. Die Diskussion, wo auf der Skala zwischen ,Held' und ,Verräter' er seinen Platz hat, wäre für mich ein extra Thema. Immerhin hat Frau Merkel ihm die Erkenntnis zu verdanken, dass auch sie persönlich abgehört wurde."
Ulrich Wickert, 70, Publizist "Es ist beschämend, dass er in Deutschland erst ernst genommen wurde, als es um das Handy von Frau Merkel ging."
Fritz Pleitgen, 75, ehemaliger ARD-Vorsitzender "Der Mann hat für die Menschheit viel getan, er hat uns allen die Augen geöffnet."
Ulla Schmidt, 64, Bundestags-Vizepräsidentin "Wir sollten ihn auf alle Fälle anhören."
Matthias Hartmann, 50, Burgtheaterdirektor "Er hat die Welt ehrlicher gemacht. Durch ihn weiß man jetzt, was man immer geahnt hat. Die Wahrheit kommt in Tranchen, und man kann den Politikern herrlich beim Lügen zuschauen."
Ewald Lienen, 59, Fußballtrainer "Wir sollten Edward Snowden jedes Recht einräumen, uns bei der Aufklärung der US-Geheimdienstaffäre helfen zu können."
Ulrich Khuon, 62, Intendant in Berlin "Eine Loyalitätsaufkündigung muss geschützt werden, wenn sie einen Loyalitätsverrat aufdeckt - immer, trotz politischer und diplomatischer Verwerfungen. Aber man muss befürchten, er wäre in Deutschland groteskerweise ungesicherter als in Moskau."
Moritz Rinke, 46, Dramatiker "In der Atompolitik hat die Regierung doch auch eine tolle Volte vollzogen, warum nicht jetzt auch, nachdem wir so eine Art Fukushima mit Merkels Handy erlebt haben?"
Daniel Ellsberg, 82, US-Whistleblower "Ich hoffe, er findet einen Zufluchtsort, der so sicher wie irgend möglich ist, um ihn vor einer Entführung oder Ermordung durch eine US-Spezialeinheit zu bewahren."
Daniel Kehlmann, 38, Schriftsteller "Die deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts haben uns gelehrt, welche Gefahren potentiell darin liegen, wenn große Mengen von Informationen ohne öffentliche Kontrolle gesammelt werden. Daher wäre Deutschland prädestiniert dafür, einem Whistleblower, der der Öffentlichkeit über Art und Umfang der enormen Datensammlung Auskunft gegeben hat, einen Zufluchtsort zu bieten."
Peter Schneider, 73, Schriftsteller "Snowden ist ein Held der zivilen Gesellschaft."
Lavinia Wilson, 33, Schauspielerin "Ich wünsche mir, dass über jeden Asylantrag eines Menschen, der nach Europa möchte, mit der gleichen Intensität gestritten wird wie über Snowdens Fall. Die Festung Europa muss endlich jedem Verfolgten eine Chance geben, sich angemessen zu verteidigen. In dubio pro reo. Und jemand wie Snowden hat das Recht, Schutz für seine Person zu finden."
Marius Müller-Westernhagen, 64, Musiker "Edward Snowden steht für das Amerika, an das wir glauben."
Hans Magnus Enzensberger, 83, Schriftsteller "Amerika kann einem leidtun. Nummer eins zu sein ist anstrengend und fördert den Missmut aller andern. Hilflos sehen die Bewohner der Vereinigten Staaten zu, wie sich ihr Traum in einen Alptraum verwandelt. Einer, der nach wie vor an die herrliche Verfassung glaubt, sitzt in Moskau in der Falle. Warum hat niemand einen Finger für Edward Snowden gerührt? Viele bewundern ihn, keiner tut etwas.
Für die Briten, die zur Kolonie der USA geworden sind, ist er ein Verräter. Die Bundesrepublik gilt in Washington als Protektorat. Die EU ist mit ihren selbstverschuldeten Krisen beschäftigt. Bleibt eigentlich nur Skandinavien, der Weltmarktführer in Sachen Weltfrieden und Menschenrechte.
Das reichste und energieunabhängigste Land in dieser Gegend ist das Emirat Norwegen. Der EU gehört es nicht an. Von der früheren Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland stammt der unvergessliche Satz: ,Es ist typisch norwegisch, gut zu sein.' Als das Land noch arm war, 1935, forderte es die mächtige Sowjetunion heraus, indem es Leo Trotzki politisches Asyl gewährte. Heute herrscht dort dröhnendes Schweigen. Statt Friedensnobelpreise auszuloben, sollte die norwegische Regierung, in ,typisch guter' Manier, Snowden einen Pass und ein Visum ausstellen und ihm eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis garantieren."
Rüdiger Safranski, 68, Schriftsteller: "Selbstverständlich! Ich bin auch in dieser Angelegenheit für Gewaltenteilung: Wir brauchen Geheimdienste. Wir brauchen aber auch die Verräter, die deren geheime Praktiken, besonders wenn sie krimineller Natur sind, aufdecken."
Peter Sloterdijk, 66, Philosoph:
Nur einmal hat eine deutsche Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg gegenüber den USA eine charaktervolle Haltung eingenommen: als Gerhard Schröder der Weltmacht bei ihrem Aufbruch in den falschen Irak-Krieg die Gefolgschaft verweigerte.
Längst wäre es wieder an der Zeit, der US-Regierung ein Zeichen zu geben, daß ihr neuer langer Marsch in den Realitätsverlust nicht unwidersprochen hingenommen werden kann.
Niemand hätte stärkere Gründe für einen charaktervollen Einspruch als eine deutsche Regierungschefin, die selbst jahrelang Opfer einer durch nichts zu rechtfertigenden Abhörungs-Attacke war.
Die einzige Form des Einspruchs jedoch, der die US-Administration wirklich beeindrucken würde, wäre die Gewährung eines befristeten Asyls für den Informanten, dem die deutsche Regierung ihre Aufklärung über die erlittenen Infamien verdankt.
Daß nichts dergleichen geschehen wird, liegt auf der Hand. Die Charakterlosigkeit der deutschen Haltung in der Affaire Snowden ist doppelt garantiert: zum einen durch die Merkelsche Grundhaltung, Konflikte aller Art durch listiges Ignorieren zu verkleinern; zum anderen durch die auch bei uns vollzogene vorauseilende Einstimmung in die globale Korruption ziviler Werte durch militärische Sondergesetze: Im Namen der dämonisch verabsolutierten "Sicherheit" soll ja künftig überall der permanente Ausnahmezustand durchgesetzt werden - das läuft auf die post-demokratische Maßnahmen-Regierung hinaus.
Snowden paßt nicht mehr in das neue Szenario. Er könnte für unsere Zeit werden, was Che Guevara für eine vergangene Ära war. Ein Unpassender, sicher. Ein Held? Vielleicht. Was ist ein Held? Ein Mann, der glaubt, eine Träne ist so viel wert wie der Ozean.
Ingo Schulze, 50, Schriftsteller: "Welcome, Mr. Snowden!"