NSA-Abhöraffäre Lässt Generalbundesanwalt Frust am SPIEGEL ab?

Von Rüdiger Ditz und Marcel Rosenbach
Generalbundesanwalt Harald Range: "Kein authentischer Fernmeldeaufklärungsauftrag der NSA"

Generalbundesanwalt Harald Range: "Kein authentischer Fernmeldeaufklärungsauftrag der NSA"

Foto: AP/dpa

Passierte es aus Unachtsamkeit oder Frust darüber, dass der SPIEGEL den Ermittlungsbehörden seine Quellen nicht offenlegt? Generalbundesanwalt Range hat über eine SPIEGEL-Geschichte gesprochen, in der im Oktober 2013 die NSA-Abhöraktion gegen Kanzlerin Merkel enthüllt wurde. Dabei entstand der falsche Eindruck, der SPIEGEL habe unsauber gearbeitet.

Wörtlich sagte Generalbundesanwalt Harald Range am Donnerstag in seiner Jahrespressekonferenz in Karlsruhe: "Das Dokument, das in der Öffentlichkeit als Beleg für ein tatsächliches Abhören des Mobiltelefons angesehen worden ist, ist kein authentischer Fernmeldeaufklärungsauftrag der NSA. Es stammt nicht aus einer Datenbank der NSA. Vielmehr hat es ein SPIEGEL-Redakteur selbst hergestellt laut seinen Angaben auf der Grundlage eines in Augenschein genommenen Dokuments der NSA. Ich habe die Redakteure des SPIEGEL deshalb gebeten, Fragen zu dem Papier zu beantworten oder es uns zur Verfügung zu stellen. Dem ist das Nachrichtenmagazin unter Hinweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten nicht nachgekommen. Auch die NSA selbst hat auf Anfrage des BND eine Stellungnahme zu dem Vorgang abgelehnt. Eine seriöse Bewertung der Echtheit und des Inhalts des Dokuments ist unter diesen Umständen nicht möglich."

Verbreitet wurde Ranges Darstellung über die Nachrichtenagentur Reuters - und von einigen Medien so aufgenommen. Was allerdings fehlte, war ein entscheidendes Faktum. Ranges Sprecher Marcus Köhler ergänzte auf Nachfrage des SPIEGEL, wie Range zu solch einer Darstellung komme: "Diese Aussage entspricht den bisherigen Beweisergebnissen und war mit keinerlei Wertungen verbunden. Im Gegenteil, die Nachfrage eines Journalisten während der Pressekonferenz, ob es sich bei dem Dokument um eine Fälschung handele, hat Generalbundesanwalt Range ausdrücklich verneint."

Deshalb wollen wir folgendes klar stellen:

Der SPIEGEL hatte im Vorfeld der Berichterstattung zur Überwachung der Mobiltelefone der Bundeskanzlerin Zugang zu Informationen aus einer NSA-Datenbank, die er daraus übernommen hat. Die Redaktion hat dem Bundeskanzleramt diese Informationen als Abschrift zur Prüfung vorgelegt - und zwar mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es sich dabei nicht um einen Originalauszug, sondern um eine Abschrift handelt. Sämtliche dem Bundeskanzleramt vorgelegten Informationen stammen aus diesem Eintrag in der NSA-Datenbank. Der SPIEGEL hat dem keinerlei eigene Informationen hinzugefügt.

Ferner hat der SPIEGEL die Abschrift zu keinem Zeitpunkt als Originaldokument bezeichnet, weder in der Online-Berichterstattung am 23. Oktober 2013, noch in der darauf folgenden Titelgeschichte, noch im SPIEGEL-Buch "Der NSA Komplex".

Der SPIEGEL hat die Abschrift auch nicht als Dokument abgedruckt - anders als andere Zeitungen, denen das Papier, mit dem der SPIEGEL das Kanzleramt konfrontierte, offenbar zugespielt worden war.

Im Übrigen haben die NSA und die amerikanische Regierung die SPIEGEL-Berichterstattung - nämlich dass das Handy der Kanzlerin im beschriebenen Zeitraum überwacht wurde - nicht nur nicht dementiert, verschiedene Quellen haben es seither bestätigt.

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