Im neuen SPIEGEL Gespräch über das Selbstbild in der digitalen Welt; Reportage über eine syrische Schwimmerin, die zu den Olympischen Spielen will
Ich liebe Überraschungen. Und ich lese darum den SPIEGEL am liebsten dann, wenn er mich überrascht. Letzteres werde aber immer schwieriger, so hören wir Journalisten manchmal. Alles sei bereits im Netz erzählt, überall sei der Mensch schon gewesen, jeden Konflikt gab es bereits, er tauche lediglich in neuem Gewand auf. Aber ist das so? Mich zumindest haben meine Kollegen diese Woche überrascht.

An dieser Stelle stellt Ihnen die SPIEGEL-Redaktion ihre Lieblingsgeschichten aus der neuen Ausgabe vor.
In dieser Woche: Katrin Kuntz, 33, seit 2012 beim SPIEGEL. Sie arbeitet im Ressort Ausland.
Barbara Supp und Dietmar Pieper beispielsweise haben ein großes Gespräch mit dem Philosophen Thomas Metzinger über einen hoch spannenden, digitalen "Massenversuch" geführt. Als Bewusstseinsforscher hat Metzinger während der vergangenen fünf Jahre an einem EU-Projekt gearbeitet, bei dem es darum ging, das Ich-Gefühl in Avatare zu übertragen. Was zuerst wie ein Witz klingt, hat mich staunen lassen. Denn die sogenannte Virtual-Reality-Technik birgt eine überraschende Zukunft: Man kann sich Höhenangst abtrainieren, Magersüchtige haben die Chance, ihren Körper neu zu erleben, gelähmte Menschen könnten schon bald ihren eigenen Avatar steuern. Diese Methode sei ein machtvolles Mittel der psychologischen Manipulation, sagt Metzinger. Denn durchaus denkbar sei auch, dass ein Mensch künftig etwa in eine Drohne hineinschlüpfe und virtuelle Selbstmordattentate unternehme; auch Folter könne es in der virtuellen Realität geben. Deshalb gehe es jetzt vor allem darum, dass man bei dieser Entwicklung ethische Standards entwickle.
Eine erstaunliche Geschichte erlebt auch die Syrerin Yusra Mardini, die mein Kollege Lukas Eberle auf ihrem Weg vom Flüchtling zur möglichen Olympia-Schwimmerin von Rio begleitet. Die 18-Jährige könnte das Gesicht der "Refugee Olympic Athletes" werden, einer Mannschaft, die ausschließlich aus Flüchtlingen besteht. Das Team wird zusammengestellt und gesponsert vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC), das seine Ideale in Zeiten des Kriegs und des Terrors wiederbeleben will. Doch nur zehn Sportler werden in Rio starten dürfen. Was bei der Aufstellung des Teams deshalb besonders zählen dürfte, ist nicht nur die Leistung der Geflüchteten, sondern vor allem die Story ihrer Flucht. Eberle besuchte bei seiner Recherche daher unter anderem eine mehrere Stunden dauernde Pressekonferenz.
Zu überraschenden Ergebnissen kommt Marco Evers, der für seinen Text "Feuer und Fleisch" zum Saisonbeginn das Aufrüsten der Grillfreunde in Deutschland beobachtet hat. Keine Nation in Europa gibt so viel Geld fürs Grillen aus: Knapp 1,2 Milliarden Euro waren es im vergangenen Jahr, für Grillgeräte und all das schöne Zubehör. Fast viermal so viel wie noch 15 Jahre zuvor. Vorbei die Zeit, in der die Deutschen unter Grillen kaum mehr verstanden, als rechtzeitig Bier in die Fettflammen zu gießen. Jetzt gibt es Wok-Einsätze, Geflügelhalter, Drehspieße, Bratenkörbe, Pizzasteine, Feuertopf. Nicht zu vergessen das Bluetooth-Funkthermometer, mit dem sich die Kerntemperatur einer Lammkeule auf dem Handy präzise verfolgen lässt.
Spazieren Sie doch einmal zum nächsten Kiosk und schauen in den SPIEGEL. Und falls Ihnen unterwegs etwas Tolles begegnet: Schreiben Sie uns gern Ihre Ideen.
Hier kommen Sie zur Digitalausgabe des neuen SPIEGEL.
Eine interessante SPIEGEL-Lektüre wünscht Ihnen
Katrin Kuntz