Stephen Bannon Was Trumps Mastermind wirklich denkt

Was geht im Kopf von Donald Trumps Chefideologen vor? Wen hasst er und warum - und was möchte er zum Wohle Amerikas zerstören? Stephen Bannons Dokumentation "Generation Zero" von 2010 zeigt, wie er die Welt sieht.
Stephen Bannon

Stephen Bannon

Foto: Mario Tama/ Getty Images

Es gibt Menschen, die nennen Stephen Bannon nur Darth Vader. Das Dunkle der Macht, ihm gefällt das. In einem Interview nach dem Wahlsieg im November sagte Bannon: "Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das ist Macht." Er weiß um die Wirkung von Bildern, Mythen und Erzählungen. Donald Trump ist Bannons erfolgreichste Inszenierung. Ohne Darth Vader würde Trump wahrscheinlich immer noch auf seinen Baustellen herumstiefeln und im Fernsehen hilflose Azubis feuern.

In den Nullerjahren hat sich Bannon als Produzent und Regisseur von Dokumentarfilmen versucht. Wer wissen möchte, wie es im Kopf von Trumps Chefideologen aussieht, was ihn antreibt, wen er warum hasst und wen und was er zum Wohle Amerikas zerstören möchte, dem sei "Generation Zero" empfohlen, einen als Dokumentation getarnten Propagandafilm, bei dem Bannon im Jahr 2010 Regie führte, als er sich als politischer Filmemacher versuchte und von 2004 an Dokumentationen produzierte wie "In the Face of Evil: Reagan's War in Word and Deed", "Border War: The Battle Over Illegal Immigration" oder "Occupy Unmasked".

Von heute aus betrachtet, ist "Generation Zero" so etwas wie das Manifest der Alt-Right-Bewegung. Was kann man daraus ableiten?

Amerika, so stellt es Bannon im dem Film, der in ganzer Länge bei YouTube zu sehen  ist, dar, stehe an einem welthistorischen Scheideweg. Bedrohliche Bilder, begleitet von dröhnender Untergangsmusik, werden aneinandergereiht. Wirbelstürme, schwarze Wolken, weit aufgerissene, nach Fleisch schnappende Haischnauzen, zusammenstürzende Wohnblocks, Massensterben in den Schützengräben der Weltkriege: Diese Metaphern wählt er, um von den Jahren der Clintons, Bushs und Obamas zu erzählen, als sich angeblich das Establishment Washingtons mit Banken und Hollywood zusammentat, um die einfachen Menschen auszuplündern. Die Wehrlosen, die Steuerzahler, die Middle Class, die "forgotten men and women".

Vier große Krisen diagnostiziert Bannon in der Geschichte Amerikas: die Jahre der amerikanischen Revolution im 18. Jahrhundert, den Bürgerkrieg Nord gegen Süd im 19. Jahrhundert, die Große Depression und den Zweiten Weltkrieg, schließlich die Finanzkrise von 2008 an und die Aushöhlung des amerikanischen Geschäftsmodells, des reinen und knallharten Kapitalismus. Zerstört durch jene Kräfte, die er "Partei von Davos" nennt, die globale Machtelite, die sich jedes Jahr im Januar in den Schweizer Alpen trifft.

Blumen welken, Obst verfault, grauer Schimmel überzieht die Welt. In einer Szene sieht man einen Banker, der sich mit zwei Escortdamen im Bett wälzt. Eine Stimme höhnt: "Ich bekomme das Haus in den Hamptons, den Privatjet, die Boni und die Konten in Übersee. Und wenn die Dinge schiefgehen? Dann übernehmt ihr, die Middle Class, die Rechnung."

Szene aus "Generation Zero": Manifest der Alt-Right-Bewegung

Szene aus "Generation Zero": Manifest der Alt-Right-Bewegung

Klar, es war hemmungslose Gier am Werk in den Jahren vor dem Kollaps 2008. Aber woher kam sie? War es die Aufhebung der Trennung von Investment und normalen Geschäftsbanken oder das Aufkommen von Kreditausfall-Versicherungen in den Neunzigerjahren? Oder die immer neuen Risiko-Modellrechnungen, die Mathe-Nerds in den Nullerjahren konzipierten? War es möglicherweise alles zusammen? Darauf aber geht Bannon nicht wirklich ein. Schuld an dem Kollaps seien die gesellschaftlichen Neuerungen der Sechzigerjahre.

Ausgerechnet in Woodstock hätte sich eine rücksichtslose und egoistische Generation die kulturelle Vorherrschaft gesichert, ihr Weltverbesserungswahn hätte Werte wie Religion und Familie, Disziplin und Arbeit durch einen Kult des Egos ersetzt. Man sieht Bilder des Punkrockers Billy Idol, von Michael Jackson und Larry Hagman alias J. R. Ewing. Hippies in den Sechzigerjahren, Yuppies in den Siebziger- und Achtzigerjahren, die sich in den folgenden Jahrzehnten auf Kosten der Wehrlosen bereichert hätten.

Szenen aus "Generation Zero": Manifest der Alt-Right-Bewegung

Szenen aus "Generation Zero": Manifest der Alt-Right-Bewegung

Auch mit der schwarzen Bürgerrechtsbewegung wird abgerechnet. Martin Luther King und Co. trügen ebenfalls große Schuld an der Subprime-Krise, weil plötzlich auch Afroamerikaner die Möglichkeit für Hauskredite bekommen sollten. Mit solchen Auswüchsen des Kapitalismus müsse es ein Ende haben, allein Gott und der Markt sollten wieder alles regeln.

Schluss mit den Sechzigerjahren und ihren Frauenrechten, mit dem Bemühen um sozialen Ausgleich, mit Clintonbushobama, mit der Partei von Davos. Weg damit. Auslöschen. Ansonsten drohten Amerika Zustände wie im säkularen, sozialistischen Europa, das nur schwaches Wachstum und aufgeblähte Regierungsapparate kenne.

Wer das System zerstören will wie Bannon, der muss kämpfen. Nicht mit Transparenten und Blumen, sondern wie die Männer am Omaha Beach im Zweiten Weltkrieg. Zurück in die Apartheid der Fünfzigerjahre, als das Establishment des Landes so makellos weiß war wie die Zäune der Vorstädte.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren