"Dinner for One" in Farbe
Der NDR-Unterhaltungschef Jürgen Meier-Beer äußert sich in einem Interview mit dem Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL über die Colorierung des TV-Sketches "Dinner for One". Im Wortlaut:
SPIEGEL: Sind Sie eigentlich verrückt geworden, den Schwarzweißklassiker des deutschen Fernsehens zum Silvesterabend zu verhunzen?
Meier-Beer: Wir waren im Sender erst auch skeptisch, ob das eine gute Idee ist. Aber ein neues, computergestütztes Verfahren zur Farbbearbeitung bringt erstaunliche Ergebnisse. Lassen Sie sich um 18 Uhr auf Nord 3 überraschen.
SPIEGEL: Millionen Fans haben bei der 1963 in Hamburg aufgezeichneten und seitdem am häufigsten wiederholten TV-Sendung Deutschlands eine digitalisierte, farbige Miss Sophie bislang offenbar nicht vermisst. Riskieren Sie nicht massive Proteste wie nach der Colorierung von Casablanca?
Meier-Beer: Die von uns beauftragten indischen Programmierer in den Studios von Los Angeles und in Neu Delhi haben überwiegend mit dezenten Farbtönen gearbeitet. Das viktorianische Esszimmer mit seinen Teppichen, Tapeten, Gemälden und schweren Möbeln wurde mit äußerstem Feingefühl teilweise nach Originalvorlagen behandelt. Selbstverständlich tragen Miss Sophie und ihr Butler dem Anlass entsprechend ein dezentes blau-goldenes Abendkleid und einen schwarzen Frack.
SPIEGEL: Und der präparierte Tiger?
Meier-Beer: Da gab es die wenigsten Probleme, da dieses Tier naturgegeben schwarz-gelb ist und als Stolperfalle zudem ziemlich bewegungslos herumliegt. Schwieriger war da schon die Tischdekoration
SPIEGEL: da Butler James das Blumenwasser wegtrinkt
Meier-Beer: haben wir das Gebinde schön eklig pink-rot gefärbt. Im Geschmack der sechziger Jahre wurde der Ansager des Stückes in braun-beige eingekleidet. Wem das nicht gefällt, der kann den Farbregler am Gerät bedienen oder sich auf dem Sendeplatz vor der Tagesschau in den Dritten Programmen die Originalversion anschauen.
SPIEGEL: Und die Dialoge sind auch in der neuen Version unverändert?
Meier-Beer: An diesem Heiligtum können wir uns nicht vergreifen. Hier gilt das Motto: "Same procedure as every year".
(DER SPIEGEL 1/01, Panorama Deutschland)