Neuartige Pillen, die das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit verzögern sollen, bringen keinen klinischen Nutzen - dieses Fazit zieht eine noch unveröffentlichte Studie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf.
Hamburg - "Ich würde die Medikamente meiner Oma nicht geben", sagte Thomas Zimmermann, 39, vom Institut für Allgemeinmedizin der Uniklinik dem SPIEGEL. Sein Kollege Hans-Peter Beck-Bornholdt, 53, ergänzte: "Ich sehe keinen Nachweis für die Wirksamkeit der Mittel. Nebenwirkungen hingegen sind zweifelsfrei vorhanden. Deswegen würde ich die Pillen nicht schlucken."
Die Hamburger Forscher gehören zum bundesweiten "Kompetenznetz Demenzen"
und haben die 20 wichtigsten Pharmastudien zu so genannten Acetylcholinesterase-
Hemmern analysiert. Es geht um die Produkte Aricept (mit dem Wirkstoff "Donepezil"),
Exelon ("Rivastigmin") und Reminyl ("Galantamin"), für welche die Krankenkassen
im vorvergangenen Jahr 70 Millionen Euro ausgaben. Die Tabletten sollen
nach Herstellerangaben den Verfall der Geisteskraft verlangsamen. In ihrer Analyse
der Medikamentenstudien glauben die Forscher aus Hamburg jedoch auf
Tricksereien oder Schlampereien gestoßen zu sein. "Alle Untersuchungen enthalten
zahlreiche methodische Mängel, welche die Gültigkeit der Ergebnisse erheblich
einschränken", heißt es in der Hamburger Analyse, die dem SPIEGEL vorliegt.
Die Forscher kritisieren die zunehmende Verabreichung der Mittel: "Zusammenfassend
ist festzustellen, dass der Einsatz von Donepezil, Rivastigmin und Galantamin
bei der vorhandenen Datenlage wissenschaftlich nicht begründet ist."
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