Umweltministerium prüft verstrahlten Forschungsreaktor
Der Betrieb des 1988 abgeschalteten Forschungsreaktors in Jülich hat möglicherweise ein politisches Nachspiel. Wie der SPIEGEL in seiner jüngsten Ausgabe berichtet, geht das Bundesumweltministerium der Frage nach, ob Betreiber und Atomaufsicht in Nordrhein-Westfalen eventuell versagt haben. Hintergrund für den überraschenden Vorstoß ist die extrem starke radioaktive Kontamination des Reaktorkerns.
Einer wissenschaftlichen Analyse zufolge ist der Forschungsreaktor über Jahre hinweg mit viel zu hohen Temperaturen betrieben worden und möglicherweise nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert. Durch die Verwendung unausgereifter Brennelemente und die hohen Temperaturen, so Rainer Moormann, der Autor der Studie, der jahrelang in der Sicherheitsforschung in Jülich gearbeitet hat, sei der Reaktorkern mit extrem hohen Mengen radioaktiver Isotope verunreinigt. Nach Ansicht des Darmstädter Öko-Instituts handelt es sich aufgrund der hohen Kontamination um einen der "problematischsten Reaktoren weltweit".
In zwei Jahren soll der Reaktorkern deshalb komplett mit Kränen herausgehoben und in ein eigens erbautes Zwischenlager auf dem Forschungsgelände verfrachtet werden. Dort soll seine Strahlung 30 bis 60 Jahre abklingen, bevor er möglicherweise zerkleinert und in ein Endlager transportiert werden kann. Schon vor Monaten wurde der Koloss mit 500 Kubikmeter Porenleichtbeton verfüllt. Spätestens seit diesem Zeitpunkt, heißt es bei der für den Rückbau zuständigen Firma EWN, sei eine Gefährdung für Mensch und Umwelt ausgeschlossen gewesen.