Platzeck fordert Versöhnung mit SED-Erben
Kurz vor Beginn der Gedenkfeiern zum Fall der Berliner Mauer fordert Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck eine Versöhnung mit den Erben der SED. "Zwei Jahrzehnte nach dem revolutionären Umbruch in der DDR müssen wir in Deutschland endlich anfangen, es mit dem überfälligen Prozess der Versöhnung wirklich ernst zu meinen", schreibt Platzeck in einem SPIEGEL-Essay. Quer durch die ostdeutsche Gesellschaft ziehe sich "auch nach 20 Jahren noch immer und sogar wieder zunehmend ein ungesunder Riss", so der SPD-Mann, "Barrieren wurden wieder aufgerichtet, Spaltungen haben sich verfestigt."
In seinem Appell lobt Platzeck als Beispiel für gelungene Integration ausdrücklich versöhnliche Gesten des früheren SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher gegenüber der Waffen-SS. Schumacher, der fast zehn Jahre lang KZ-Häftling war, hatte 1951 einen versöhnlichen Umgang mit den überlebenden Mitgliedern der Waffen-SS als "menschliche und staatsbürgerliche Notwendigkeit" bezeichnet.
Der seit 1990 vereinigten Bundesrepublik sei im Vergleich zum Westdeutschland der Nachkriegszeit "zwar eine bemerkenswerte, richtige und bessere Aufarbeitungsleistung gelungen", so Platzeck, "eine vergleichbare Integrationsleistung jedoch nicht". Im Verhältnis zur Linkspartei als Nachfolgeorganisation der SED gehe es "immer auch um die Last der Geschichte". "Diese Macht der Vergangenheit ist gut erklärlich", schreibt Platzeck, "aber sie tut Ostdeutschland nicht gut, und sie tut der politischen Kultur in unserer seit 1990 vereinigten Republik nicht gut."
Platzeck hatte nach den jüngsten Landtagswahlen in Brandenburg seine Koalition mit der CDU beendet, um künftig mit der Linken zu regieren. "Ob wir die richtigen Lehren aus der Geschichte ziehen, erweist sich weniger in ritualisierter Vergangenheitsbewältigung als in unserer Bereitschaft zu tätigem Neubeginn", schreibt der frühere Bürgerrechtler: "Wer sich dazu bereitfindet, muss Demokraten willkommen sein."