Ex-V-Mann erhebt Vorwurf gegen Verfassungsschutz in Sachen NSU

Ein ehemaliger V-Mann des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) erhebt in der jüngsten Ausgabe des Nachrichten-Magazins DER SPIEGEL einen schweren Vorwurf gegen den Geheimdienst: Demnach habe 1998 die Chance bestanden, die drei per Haftbefehl gesuchten Rechtsextremisten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe womöglich festzunehmen. Michael von Dolsperg, ein früherer Neonazi und Informant des Verfassungsschutzes (Deckname "Tarif"), war nach seiner Darstellung von dem Rechtsextremen André K. gefragt worden, ob er die drei Untergetauchten verstecken könne. Im SPIEGEL behauptet Dolsperg, der vor zwölf Jahren aus der Neonazi-Szene ausstieg, er habe den Verfassungsschutz von dem Ansinnen berichtet. Der Geheimdienst habe ihm jedoch eine Absage erteilt. Zwei Jahre später begann die Serie von zehn Morden des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), die der Generalbundesanwalt Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe anlastet. André K. bestreitet die Schilderung von Dolsperg, der Verfassungsschutz will sich zur Sache offiziell nicht äußern. Sicher scheint jedoch, dass es in den Archiven des Geheimdienstes keinen Hinweis gibt, wonach die Möglichkeit bestanden hätte, über Dolsperg an die drei Gesuchten heranzukommen. Allerdings ist im November 2011, unmittelbar nach dem Auffliegen des NSU, die Originalakte "Tarif" vom Verfassungsschutz im Rahmen einer größeren Schredderaktion vernichtet worden. Der damalige Chef des Geheimdienstes, Heinz Fromm, musste danach zurücktreten. Gegenüber dem SPIEGEL gab Dolsperg außerdem an, sich als Herausgeber des Nazi- Pamphlets "Sonnenbanner" eng mit dem Verfassungsschutz abgestimmt zu haben. Seit seiner Anwerbung durch den Geheimdienst im Jahr 1994 habe das BfV "alle Ausgaben von mir vorab" bekommen, so Dolsperg. Einmal habe er ein Titelbild auf Anraten des Verfassungsschutzes ausgewechselt.

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