Karl der Große Ein Ochse für den Hof

Die letzten 20 Jahre seines Lebens wurde Karl in Aachen sesshaft und baute die Stadt zur kaiserlichen Metropole aus. Das Experiment scheiterte auf hohem Niveau.

Fast alles sprach gegen Aachen. Es lag nicht annähernd in der Mitte des riesigen Reichs. Verkehrstechnisch kreuzten sich hier zwar zwei alte Römerstraßen, in Nord-Süd-Richtung gen Heerlen oder Kornelimünster; die Ost-West-Route verband Lüttich und Köln. Doch für Schwertransporte von Baumaterialien wie Säulen oder Marmor gab es keinen schiffbaren Fluss. Obendrein regnete es auch noch besonders häufig am Nordrand von Eifel und Hohem Venn.

Ausgerechnet diesen nassen Ort erkor Karl der Große zur Hauptstadt seines Imperiums. Warum traf der weitgereiste Feldherr und Regent diese irrational anmutende Entscheidung? Was brachte ihn überhaupt dazu, sich dauerhaft niederzulassen? Jahrzehntelang war Karl wie seine Vorgänger ein Reisekönig gewesen. Auch seine Nachfahren machten ihren Machtanspruch wieder von Ort zu Ort geltend, als Herrscher auf Dauerwanderschaft.

Ein Streifzug durch das karolingische Aachen beantwortet die Fragen keineswegs, er gibt sogar weitere Rätsel auf. Die Stadt hat Karls prächtigste Bauten beherbergt, einiges steht noch - und trotzdem machen die Überreste alles erst recht seltsam. Die Lage von Karls persönlichem Wohnort? Kennt keiner. Die Herkunft des berühmten Karlsthrons? Ist ungeklärt. Dass Karl in der Marienkirche, die den Thron beherbergt, beigesetzt wurde, gilt immerhin als bestbelegtes Faktum seiner Vita. Bloß: Wo lag das Grab?

Aachens Geschichte beginnt um Christi Geburt. "Aquae granni", lateinisch für Wasser von Grannus, einem Heilsgott der Kelten, nannten die Siedler aus Rom angeblich den Ort. "Aquae" (später "Aquis", "Aix") war reich an Thermalquellen, mit bis zu 75 Grad den heißesten weit und breit. Heute sprudeln sie am Elisengarten im Stadtzentrum aus mundgerechten Speiern. Aachener Kinder müssen davon in der Grundschule kosten; Geruch und Geschmack fauler Eier prägen so auch das Gedenken an den badebegeisterten Stadtvater Karl. Zu dessen Zeiten war das Schwefelwasser noch nicht geruchsneutral aufbereitet wie in den modernen "Carolus Thermen" im Stadtteil Haaren.

Sicherlich waren es die Quellen, weswegen Aachen zur Dauerresidenz aufstieg; "er liebte die Dämpfe heißer Naturquellen", schreibt Karls Biograf Einhard unwiderlegt. Zudem konnte der Wildbret-Genießer im Umland "fleißig" jagen.

Konstantins-Basilika in Trier als Vorbild

Zu diesen bekannten Gründen kommt aber wohl ein weiterer, den die Forschung lange nicht kannte. Noch vor zehn Jahren hielt man das vorkarolingische Aachen für eine unbedeutende ehemalige Siedlung längst abgezogener römischer Truppen, die hier ihre Verletzten kuriert hatten.

"Das ist so nicht haltbar", sagt Andreas Schaub. Der 48-Jährige ist seit 2006 Aachens Stadtarchäologe. Seitdem begleitet Schaub jedes Buddeln im Erdreich. Im Elisengarten hat ein Team Fundamente freigelegt, die für ihn darauf hinweisen, dass die Stadt unter den Römern sogar "zu den Top Ten in Deutschland" gehörte. Ein Teil der antiken Mauern, auf denen Aachen steht, ist heute in der Ursulinerstraße unter Glas zu sehen: im Fußboden einer Drogerie.

Wie berühmt der Kurort schon im zweiten Jahrhundert gewesen muss, beweist die in Sandstein gemeißelte Dankesinschrift einer Julia Tiberina. Sie war eigens aus dem fernen Britannien zur Badekur gekommen und bedankte sich für ihre Heilung mit der Stiftung zweier Tempel.

Karl der Große fand sogar eine Wehrmauer der Römer von stattlichen 4,63 Meter Dicke vor. Auch sie überraschte die Experten. "Wir wissen, dass sie erst im 12. Jahrhundert abgetragen wurde", erklärt Schaub. Karls Pfalz war also, anders als früher vermutet, gut befestigt - zumindest im Kern. Denn die Mauer verlief direkt hinter seinem Regierungspalast, heute ein Teil des Rathauses.

Eine blonde Frau mit vergnügten Augen empfängt zum Rundgang, die Bauforscherin Judith Ley, 38. "Schriftlich ist leider wenig über dieses Gebäude und seine Funktion überliefert", sagt Ley. Erstaunlich eigentlich, denn die "Aula Regia", zu deutsch Königshalle, war damals die größte ihrer Art. "Vorbild war unter anderem die Konstantins-Basilika in Trier."

Doch während die Trierer Halle noch immer mit ihrem Volumen beeindruckt, ist Karls Saal geschrumpft. Der einst etwa 44 Meter lange, 17 Meter breite und an die 18 Meter hohe Raum wurde in drei Geschosse unterteilt. Nur im oberen Krönungssaal, wo alljährlich der Karlspreis verliehen wird, ahnt man noch, in welchen Dimensionen hier Herrschaft ausgeübt wurde. Immerhin reisten damals Gesandte aus aller Welt an, selbst vom byzantinischen Kaiserhof, dem Patriarchen von Jerusalem und dem Kalifen von Bagdad.

Außen am Rathaus sieht man unter Glas, dass die Fundamente der Königshalle aus Spolien, also wiederverwendeten Bauteilen, bestanden, sogar römischen Grabsteinen. In den Granusturm, der direkt an die Regia anschließt, gelangt man heute durchs Standesamt. Hier kann man besichtigen, wie mühsam die Maurer ungleiche Grauwacken aus den lokalen Steinbrüchen in die aus damaliger Sicht monumentale Architektur verwandelten.

"Charakteristisch für die Karolinger ist der mit Ziegelmehl angereicherte Mörtel", erklärt Ley. Das Pulver färbte den Putz rosa, wie es auch im byzantinischen Mauerwerk gängig war, sorgte aber vor allem für hohe Festigkeit.

Und was barg der Turm? Immerhin ist das Gebäude, das aus Sicherheitsgründen nur einmal im Jahr für die Öffentlichkeit begehbar ist, ein echtes, unverfälschtes Relikt aus Karls Zeiten. "Vergessen Sie, was in Wikipedia steht", warnt Ley. "Das war nicht Karls Wohnturm, denn alle Räume sind unbelichtet, und eine bisher vermutete Heizung oder gar Toilette gab es auch nicht." Für einen Wehrturm mit Schießscharten lagen die Fenster zu hoch; für eine geheime Schatzkammer, die Historiker hier vermuteten, taugten die Türen nicht. Möglicherweise war der Turm ein überdimensioniertes, prachtvolles Treppenhaus - das erste seiner Art in Mitteleuropa.

Heerscharen von Handwerkern müssen auf Karls Baustellen am Werk gewesen sein. Bearbeitungsspuren an den Steinen bezeugen, wie sich hier ungeübte Hände abmühten, wie sie Tag für Tag dazulernten. "Je weiter man nach oben kommt, desto besser wird die Ausführung", sagt Ley. Aber nicht nur lokale Arbeiter konnten Karls Baumeister in erstaunlichem Umfang rekrutieren. Zum Ausbau Aachens wurden aus dem ganzen Reich und den Klöstern Baumaterial, Arbeitskräfte und Fachleute herangezogen. Die Abtei St. Gallen etwa stellte der Pfalz einen Glockengießer-Mönch sowie einen Glaser.

Unten, auf dem Weg durch die Innenstadt zum Dom, übernimmt Harald Müller, 50, die Führung, Geschichtsprofessor an der RWTH Aachen. In der Stadt am Dreiländereck wird interdisziplinär daran gearbeitet, die Rätsel der großen Vergangenheit zu lüften. Archäologen der Stadt, Architekten wie Judith Ley, deren Regia-Studien die Deutsche Forschungsgemeinschaft bezahlt, Geschichtswissenschaftler der Universität und Kunsthistoriker des Doms stehen hier in ständigem Austausch.

"Wir nehmen heute an, dass das repräsentative Bauensemble aus Kirche und Königshalle etwa in den Jahren 794 bis 804 entstanden ist", sagt Müller. "In nur zehn Jahren also, sagenhaft schnell." 794 dehnte Karl, der schon als Prinz hier mit seinem Vater überwintert hatte, seinen Aufenthalt erstmals ungewöhnlich lange aus, bis in den Hochsommer. Während der 20 Jahre bis zu seinem Tod verbrachte er dann bis auf drei jeden Winter hier, immer häufiger auch die Sommer.

Dass Karl es sich leisten konnte, an einem Ort zu bleiben, zeigt, wie mächtig er war, wie wenig äußere Gegner noch drohten, wie gut er sein Reich im Griff hatte. Ihm unterstand eine auf schriftlichen Anweisungen beruhende Verwaltung. Denn in Aachen mussten viele Menschen verköstigt werden, die nicht selbst ihr Feld bestellten; bis zu 2000 Personen, so die Forscher, weilten an hohen Festtagen am Hof. Der Nahrungsmittelbedarf war einer der Gründe, warum mittelalterliche Herrscher zum Nomadentum verdammt waren - wie eine Herde graste der Hof die Gegend ab und zog dann weiter.

"Ein Experiment, das schiefging"

Die Bewirtschaftung der Krongüter regelte das berühmte "Capitulare de villis" mit detaillierten Vorschriften. Darüber hinaus waren Klöster aus dem gesamten Reich zu Lieferungen an die Pfalz verpflichtet. So war der Bischof von Toul gehalten, drei Fuder Wein über Bonn nach Aachen zu schaffen. Das Kloster Saint-Remi in Reims als königlicher Fleischlieferant verzeichnet ein "bos aquensis", den "Aachen-Ochsen". Ein ungenannter Bischof wurde bei einem Besuch des Kaisers aufgefordert, dem Hof jährlich zwei Wagenladungen köstlichen Käses zu schicken - zum Dank bekam er ein Landgut.

Heute beurteilen viele Karls Sesshaftwerden als "Experiment, das schiefging", so der Mediävist Müller. "Anfangs war die Motivation dafür vermutlich das Ruhebedürfnis eines alternden Mannes." Karl ging auf die 50 zu, als er sich für die letzten beiden Jahrzehnte seines Lebens in Aachen niederließ. "Der Rest war Gewöhnung." Schief ging der Versuch, weil das Reich an den nördlichen und östlichen Rändern erneut unruhig zu werden begann. Nach seinem Tod war Aachen rasch nicht mehr fränkische Hauptstadt; schon 881 nutzten die einfallenden Normannen Karls geliebte Marienkirche als Pferdestall.

Sie liegt 125 Meter südlich des Rathauses, außerhalb der römischen Wehrmauern. Schon die Eingangstüren des heutigen Doms sind Spitzenerzeugnisse karolingischer Werkstätten. Lange hatte man vermutet, die prächtigen Bronzeportale müssten importiert worden sein, bis man 1911 Reste einer Gießerei auf dem Katschhof fand. Die Kunstfertigkeit der Gießer zeigt sich auch an den Emporengittern im Inneren: fränkisch-geometrisch gemustert, aber auch klassizistisch-römisch mit Akanthusranken verziert, alle mit hohem technischem Aufwand aus einem Stück gegossen.

Im Vorraum des Kirchenbaus stehen links ein fast meterhoher Pinienzapfen aus Bronze und rechts eine Tierplastik. Für den Laien ist das riesige Wesen, das aufrecht hockt, die Vordertatzen weit ausgestellt, nicht leicht identifizierbar. Tatsächlich soll das wolfsähnliche Wesen eine Bärin darstellen. Lange galten Tier, Zapfen und die - verschollene - Reiterstatue Theoderichs, die Karl aus Ravenna heranschaffen ließ, als Belege für die Theorie, der Herrscher habe aus Aachen ein zweites Rom machen wollen. Das Trio aus Bronze würde dieser Auffassung zufolge an ikonische Werke in der Stadt des Papstes erinnern: an die römische Wölfin, an die Reiterstatue Marc Aurels und an den Zapfen im Atrium des Petersdoms.

Der Ursprung dieser Theorie liegt im nach 799 entstandenen Karlsepos. Es ruft den Frankenherrscher zum "neuen David" aus und stilisiert seine Stadt zu "Roma secunda". Literarisch steht es in der Tradition klassischen Herrscherlobs - und ist, wie man heute weiß, auch als solches zu lesen: als schamlose Schmeichelei.

Das alte Rätsel um Karls Grab gilt als unlösbar

Wenn man den Dom betritt, versteht man allerdings, warum Zeitgenossen über Aachen ins Schwärmen gerieten. Acht schwere Rundbögen umschließen unten den Raum; darüber stehen in den hohen Arkaden der oberen Emporen bunte Säulenpaare aus rotem und grünen Porphyr sowie farbigem Marmor. Oben, in 31 Meter Höhe, schwebt das Kuppelgewölbe über dem zentralen Oktogon. Es war zu seiner Zeit das höchste nördlich der Alpen. Im Vergleich zur späteren, hoch aufstrebenden Gotik vermittelt der Bau menschliches Maß: Er gewährt Weite, ohne Unterwerfung zu fordern.

Karl wird dem Franken Odo, den Quellen als seinen Baumeister nennen, als Vorbild San Vitale in Ravenna ans Herz gelegt haben; 787 hatte der König die norditalienische Stadt besucht. Einhard widmet dem Kirchenbau seines christlichen Herrn ein ganzes Kapitel. Seiner Frömmigkeit wegen habe Karl "die wunderschöne Kirche in Aachen" erbaut, so der Biograf, "die er mit Gold und Silber, mit Leuchtern und mit Gittern und Türen aus massivem Metall ausschmückte. Für diesen Bau ließ er Säulen und Marmor aus Rom und Ravenna bringen, da er sie sonst nirgends bekommen konnte".

Oben, auf der Empore im zweiten Geschoss, steht der Leiter der Domschatzkammer Georg Minkenberg, ein Mann mit rheinischem Tonfall und Humor, und weist eine weitere vermeintliche Gewissheit ins Reich der Märchen. Der "Aachener Königsthron" wird gern als herrschaftliches Möbel Karls des Großen dargestellt. Richtig sei daran, dass auf diesem Thron 30 Könige gekrönt wurden, der erste war 936 Otto der Große. Unwahrscheinlich sei indes, dass auf diesem Sitz je Karl selbst gethront hat. "Wir wissen nicht einmal sicher, ob dieser Wolpertinger wirklich aus karolingischer Zeit stammt", sagt der Kunsthistoriker.

Ein Mischwesen ist der vergilbt wirkende Marmorsitz in der Tat. "Er ist aus antiken Spolien unterschiedlicher Herkunft zusammengefügt", erklärt Minkenberg. Plumpe metallene Laschen halten die Platten zusammen. Höhe gewinnt der Thron allein durch einen mannshohen Sockel aus fünf Stufen.

"Es gibt die Theorie, dass dieses Ding anfangs ein reines Reliquiar war", so der Experte - ein Behältnis für Märtyrerrelikte. Bei den Krönungen später barg der Thron tatsächlich die Stephansbursa, eine edelsteinbesetzte Goldschatulle aus dem 9. Jahrhundert. Sie enthielt eine Pilgertasche mit Erde aus Jerusalem, die angeblich mit dem Blut des heiligen Stephanus getränkt war. "Dass Karl von überall her Reliquien erhielt, ist belegt."

Heikler noch als der Thron ist die Lage von Karls Grab. Das alte Rätsel um die letzte Ruhestätte gilt als unlösbar. In langjährigen Grabungen konnten die Archäologen keine Spuren einer kaiserlichen Beisetzung entdecken: Einem Loch sieht man nicht an, wer einmal darin lag.

In der Schatzkammer des Doms steht ein riesiger Marmorsarg, auf dem ein Relief den Raub der Proserpina zeigt. Das prachtvolle Stück ist römisch, es stammt aus dem 2. Jahrhundert. Auch wenn Kritiker einwenden, dass man diesen schweren Sarg unmöglich habe "eingraben" können, wie es im neunten Jahrhundert üblich war, ist Kirchenmann Minkenberg überzeugt, dass Karls Körper einst darin lag. "Das Leichentuch im Karlsschrein zeigt Spuren jahrhundertealter Falten. Sie passen genau zu den Abmessungen dieses Sargs."

Das Tuch ist aus byzantinischer Purpurseide und trägt die Inschrift der Staatsmanufaktur Konstantinopels. "Es kann entweder im Jahr 800 nach Aachen gekommen sein", sagt Minkenberg. "Dann wäre es von Anfang an Karls Leichentuch gewesen." Ein zweiter Anlass für die Schenkung dieser überaus edlen Textilie wäre im Jahr 1000 denkbar. "Dann hätte Otto III., der Karls Grab ja bekanntlich öffnete, dem Ahnen das Tuch gestiftet."

Die Gebeine des Kaisers sind heute auf vier Orte verteilt: Seine Schädeldecke ruht in der Büste aus dem 14. Jahrhundert, die einen Höhepunkt in der reichen Schatzkammer des Aachener Doms bildet. "Die Kinder rufen ,Gott', wenn sie dieses Gesicht sehen", sagt Minkenberg. Denn im Gegensatz zum echten Karl, der vermutlich eine große Nase und ein Doppelkinn hatte, ist das güldene Antlitz alterslos und ebenmäßig.

"Sie wussten, dass Aachen ohne Karl bedeutungslos werden würde"

Einer von Karls Ellenknochen steckt in einer Art Unterarm aus vergoldetem Silber, der aus Frankreich stammt; einer seiner Beinknochen liegt quer in einer aus Silber getriebenen Reliquienlade. Der Rest seines Skeletts soll im Karlsschrein ruhen, einem riesigen, mit Gold überzogenen Eichenholzkasten, der mitten in der gotischen Chorhalle aus dem 14./15. Jahrhundert steht (Abbildung Seite 16). Die Knochen sind vermessen: Sie gehörten alle ein und demselben "überdurchschnittlich großen Mann", sagt Minkenberg. Nicht nur Karl war übrigens stattlich. Im belgischen Nivelles ruhen die angeblichen Gebeine seiner Frau Himiltrude: Die Dame war 1,78 bis 1,82 Meter groß.

Erstaunlich am kaiserlichen Skelett: "Der Besitzer hatte keine gut ausgeprägte Muskulatur", so der Domexperte. "Auf einen durchtrainierten Reiter deuten sie eher nicht." Der reisemüde Herrscher frönte neben dem warmen Bade wohl nur noch einem Hobby: gutem Essen. "Die Forscher haben keinerlei Anzeichen von Mangelernährung im Knochen festgestellt - sehr selten für ein Skelett aus dem Mittelalter."

Woran der etwa 65-Jährige starb, darüber gaben die Untersuchungen keinen Aufschluss. Einhard spricht von "Alter und Krankheit"; der alte Mann hatte begonnen zu hinken. Zahlreiche Vorzeichen hätten seinen Tod angekündigt, schreibt der Biograf nach antiken Mustern: Es habe Sonnen- und Mondfinsternisse gegeben, die von ihm gebaute Rheinbrücke sei vom Feuer vernichtet worden, selbst seine Marienkirche traf angeblich der Blitz, und die rote Inschrift in der Kirche, die auf "Karolus Princeps" endete, verblasste.

Der große Karl starb in den frühen Morgenstunden des 28. Januar 814, nach einer Woche mit hohem Fieber und Schmerzen. "Sein Leichnam wurde nach herkömmlicher Sitte gewaschen und aufgebahrt, dann in die Kirche gebracht und unter großem Klagen des ganzen Volkes begraben", so Einhard. Über den Begräbnisort musste zunächst beraten werden, da der Kaiser "keine Anweisungen" hinterlassen hatte. Eigentlich wäre ja Saint-Denis, wo sein Vater ruhte, der Ort der Wahl gewesen. Doch die Hinterbliebenen entschieden sich für die Marienkirche, wo "ein vergoldeter Bogen mit seinem Bild und einer Inschrift über dem Grab errichtet" wurde.

Von Bogen und Bild fehlt jede Spur. "Fest steht, dass Karl hier noch am Tag seines Todes begraben wurde", erklärt Minkenberg. "Die wussten, dass Aachen ohne Karl bedeutungslos werden würde."

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