Im deutschen Eishockey hat man angesichts des Coronavirus als Erstes die Notbremse gezogen: Die Saison wurde nach der Hauptrunde beendet, die Playoffs werden nicht mehr ausgetragen. Auch in anderen Sportarten wie Hand-, Volley- oder Basketball stehen die Liga-Verantwortlichen in den kommenden Tagen vor schmerzhaften Entscheidungen. Die Basketballer beraten am Donnerstag über das weitere Vorgehen. Schon jetzt ist klar: Ein Saison-Aus hätte für die meisten Klubs dramatische Folgen.
"Es wäre bei der Vielzahl der noch verbleibenden Partien der ziemlich sichere Ruin für die meisten Bundesligisten", sagte Gunnar Wöbke, Geschäftsführender Gesellschafter der Fraport Skyliners aus Frankfurt, dem SPIEGEL. Was bereits manche Fußball-Bundesligisten finanziell in die Enge treiben würde, wäre für Klubs in kleineren Sportarten lebensbedrohlich. Der Grund: Wo im Fußball die Finanzierung einer Saison erheblich auf TV-Einnahmen basiert, müssen Teams in anderen Sportarten viel stärker auf Zuschauereinnahmen setzen. "Wir sind extrem davon abhängig und können uns keine Geisterspiele leisten", so Wöbke.
Auf 140.000 bis 170.000 Euro beziffert Lukas Robert von den MHP Riesen Ludwigsburg den Verlust pro Partie. Das Problem für den Tabellenzweiten der Basketball-Bundesliga (BBL): Die Ludwigsburger würden jetzt eigentlich sieben Heimspiele in Folge bestreiten. "Wir sind nicht Herr der Lage", sagt der Pressesprecher des Klubs. "Wir können nur auf das Verständnis der Sponsoren hoffen. Eine Entschädigung hinge von der Entscheidung der Gesundheitsämter ab."
Für einen Schaden, der durch eine behördliche Anordnung auftritt, kommen die Versicherungen nicht auf. Die Klubs müssten dann versuchen, vom "Verbietenden" Geld zu bekommen. Das erkläre auch den "Eiertanz" der vergangenen Tage, sagt Wolfgang Wiedlich, Präsident der Telekom Baskets Bonn. "Wie soll ein Sportbetrieb in den diversen Bundesligen aufrechterhalten werden, wenn die Verbotsgewalt bei den örtlichen Gesundheitsämtern liegt und jeweils anders ausfällt?" In Bayern hat die Staatsregierung alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern bis Mitte April untersagt. "Erstattet jetzt Bayern allen Kultur- und Sportveranstaltern die Ausfälle?", fragt Wiedlich, der mit seinem Team in Nordrhein-Westfalen sitzt.
Krisentreffen am Donnerstag
Um diese und andere drängende Fragen zu beantworten, ist für den heutigen Mittwoch eine Telefonkonferenz zwischen BBL und dem Deutschen Städtetag angesetzt. "Dort sollen die anstehenden Maßnahmen besprochen werden", bestätigte BBL-Sprecherin Nadine Vongehr dem SPIEGEL. Beim BBL-internen Treffen am Donnerstag werde dann "über die Lage nach der Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums, die Szenarien zum weiteren Verlauf der Saison und etwaige Konsequenzen" beraten.
Auch eine Verschiebung des Spielplans, der vermeintlich leichtere Eingriff in den Wettbewerb, hätte für die Klubs "schwerwiegende Konsequenzen", sagt Martin Geissler, Geschäftsführer des Mitteldeutschen BC aus dem sachsen-anhaltinischen Weißenfels. "Dann müssten wir die Verträge unserer Spieler verlängern, die zum Großteil am zweiten Mai auslaufen." Eine Problematik, die nicht nur den Tabellenvorletzten betrifft. "Bei den Topklubs würde es bei der Verlängerung der Spielerverträge um Millionen Euro gehen. Dazu ist die Bundesliga nicht in der Lage."
Auch Bonns Präsident Wiedlich hält Ligaspiele ohne Zuschauer aus finanziellen Gründen für ausgeschlossen. "Ich behaupte, dass kein Nicht-Fußballklub es wirtschaftlich durchsteht, die restliche Bundesligasaison ohne Ticketerlöse zu bestreiten", sagte er dem "Bonner Generalanzeiger". "Geisterspiele, da lege ich mich fest, sind wirtschaftlich im Basketball nicht machbar", so Wiedlich.
Wenn die BBL-Vertreter sich am Donnerstag am Stuttgarter Flughafen treffen, steht die Zukunft der höchsten deutschen Spielklasse auf dem Spiel. "Es wird keine hundertprozentige Lösung geben. Jede Lösung ist irgendwie schlecht, wir müssen abwägen", sagte BBL-Boss Holz dem Sport-Informationsdienst. Der Terminplan macht Druck: Am Freitag steht mit dem Spiel des Mitteldeutschen BC gegen die Gießen 46ers bereits die nächste Ligapartie an.