Comeback der Beachvolleyballerin Kira Walkenhorst Zehnmal Rücken, fünfmal Knie - und jetzt wieder im Sand

Olympiasiegerin Kira Walkenhorst ist nach langer Leidensgeschichte bereit für die Rückkehr. Gern würde sie noch einmal bei Sommerspielen angreifen - dem zuletzt erfolglosen Verband käme das gelegen.
Kira Walkenhorst gewann 2016 zusammen mit Laura Ludwig Olympiagold

Kira Walkenhorst gewann 2016 zusammen mit Laura Ludwig Olympiagold

Foto: BEAUTIFUL SPORTS/Kenny Beele/ imago images/Beautiful Sports

Olympiasiegerin, Weltmeisterin, zweifache Europameisterin, mehrfache deutsche Meisterin: Kira Walkenhorst hat im Beachvolleyball alles gewonnen. Nach 23 Monaten Verletzungspause gibt die 29-Jährige dieses Wochenende in Düsseldorf beim Qualifikationsturnier für die deutsche Meisterschaft ihr Comeback. Eine Frage hört sie dabei besonders oft: Sind die Olympischen Spiele 2024 in Paris das Ziel?

Klare Antwort: Ja. "Natürlich reizt mich das noch einmal", sagt Walkenhorst dem SPIEGEL. "Durch die Verschiebung der Spiele werden sich neue Teamkonstellationen aber erst im September 2021 ergeben. Bis dahin ist es noch lange hin."

Die Olympiasiegerin von Rio de Janeiro hat aber gelernt, nicht mehr so langfristig zu denken: "Ich arbeite aktuell vor allem mit kurzfristigen Zielen - schmerzfrei zu spielen und dabei Spaß zu haben."

Zehnmal am Rücken operiert, fünfmal am Knie

Schmerzfrei, das ist das Zauberwort. Schmerzen hatte Walkenhorst in ihrer Karriere viele. Zehnmal wurde sie am Rücken operiert, fünfmal lag sie mit kaputtem Knie unterm Messer. 2014 pausierte sie fast die komplette Saison mit Pfeifferschem Drüsenfieber. Die Olympia-Goldmedaille 2016 und der WM-Titel 2017 waren Punktlandungen, oft war sie nur in den Finalspielen wirklich fit. Im Winter vor zwei Jahren beendete sie ihre Karriere. Die Leiden waren zu groß geworden.

Seit Walkenhorsts Rücktritt haben die deutschen Beachvolleyballerinnen wenig gewonnen, die einstige Topnation ist abgerutscht. Dabei gehörte Deutschland zum Zeitpunkt der Goldmedaille in Rio vor vier Jahren zur absoluten Weltspitze, phasenweise standen vier Teams in den Top 10 der Weltrangliste.

Durch Walkenhorsts Abgang aber entstanden auf einen Schlag drei neue Nationalteams. Ihre Ex-Partnerin und Olympiasiegerin Laura Ludwig spielt seitdem mit Margareta Kozouch. Deren Ex-Mitspielerin Karla Borger verlor deshalb ihre Blockerin. Sie schmettert jetzt mit Julia Sude, weshalb wiederum Chantal Laboureur alleine da stand. Mittlerweile spielt sie an der Seite von Sandra Ittlinger. Angesichts dieses Wechselspiels blieben Erfolge vorerst fast folgerichtig aus. Erst am Ende der vergangenen Saison zeigte die Tendenz nach oben. Überraschend gewannen Ludwig/Kozouch im September 2019 das Finale der Weltserie in Rom.

Eine Rückkehr auf Umwegen

Walkenhorsts Comeback weckt jetzt die Hoffnung, diesen Trend zu verstärken. "Für ganz Beachvolleyball-Deutschland ist es schön, dass sie wieder im Sand steht", sagt Sportdirektor Niclas Hildebrand. Ex-Partnerin Laura Ludwig betont: "Kira war vor ihrer Verletzung die beste Spielerin der Welt. Man sieht, dass sie technisch nichts verlernt hat."

Für die Athletin war es eine Rückkehr auf Umwegen. "Zu Beginn konnte ich nicht einmal eine Tasse aus dem Schrank heben", sagt die Sportsoldatin. Nach mehreren gescheiterten Versuchen fand ihr Heilpraktiker die Lösung. Er entdeckte, dass sie immer noch durch das Pfeiffersche Drüsenfieber eingeschränkt war und therapierte die Krankheit.

Seitdem ist Walkenhorst schmerzfrei. Mit Melanie Gernert, der erfolgreichsten Spielerin der deutschen Tour 2019, kündigte sie daher vergangenen Sommer ihr Comeback an. 2020 wollten sie durchstarten. Eigentlich.

Kinderbetreuung hatte Vorrang

Dann aber kam Corona. Und alle Turniere wurden abgesagt. Erst im Zuge der Lockerungen kündigte die deutsche Tour später doch noch eine verkürzte Saison an. Die Kitas in Walkenhorsts Wohnort Hamburg blieben allerdings vorerst geschlossen. Anstatt trainieren zu können, musste die dreifache Mutter gemeinsam mit ihrer Frau die Kinder hüten. Ihrer Mitspielerin riet sie, sich eine neue Partnerin zu suchen. "Als dann die Kitas wieder öffneten, hat es mich doch in den Fingern gejuckt", sagt Walkenhorst. Jetzt aber fehlte die Partnerin.

Also ging Walkenhorst auf die Suche - über Facebook und Instagram. Einige Athletinnen meldeten sich tatsächlich. Fündig wurde sie am Ende durch den Verband. Der vermittelte sie an Jugendnationalspielerin Anna-Lena Grüne, 18 - eine hoch veranlagte Abwehrspielerin, die 2019 die deutsche Jugendmeisterschaft gewann. Bei einem der beiden Qualifikationsturniere, in Düsseldorf dieses Wochenende und in Hamburg in zwei Wochen, will sich das neue Team für die deutsche Meisterschaft Anfang September qualifizieren.

"Wir gehen ohne große Erwartungen rein", sagt Grüne. Das Team ist als vorübergehende Lösung gedacht. Weil Grüne am Olympiastützpunkt Stuttgart lebt, können sie nicht gemeinsam trainieren. Einen Trainerstab hat Walkenhorst aktuell nicht, von ihrem einstigen Leistungsstand sei sie ohnehin noch weit entfernt. Es gibt noch viel zu tun. "Zunächst aber muss mein Körper der Belastung weiterhin so gut standhalten. Dann sehen wir weiter", sagt sie.

Ihr Weg zurück in den Sand war beschwerlich. Sie will ihn schrittweise weitergehen und hofft, dass er sie in vier Jahren nach Paris führt. Ohne Schmerzen.

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