DER SPIEGEL

Boris Herrmann über die Vendée Globe »Bin froh, wenn ich wieder zu Hause bin«

Seit gut vier Wochen ist Boris Herrmann nun unterwegs bei der Vendée Globe. Die Segelregatta gilt als die härteste der Welt. Auch Herrmann brachte sie schon zweimal an seine Grenzen, verrät er im Interview.
Ein Video von Eckhard Klein

Vier Wochen ist er nun unterwegs. Einmal um die ganze Welt - allein in einem Segelboot. Boris Herrmann ist der erste Deutsche , der sich an das große Abenteuer Vendee Globe gewagt hat. Es geht an die Grenzen:  

O-Ton Boris Herrmann >>Körperlich geht es mir, glaube ich, eigentlich noch ganz gut. Die Hände tun ein bisschen weh. Es ist eine permanente Gewöhnung an diese Bedingungen. Ich glaube, der menschliche Geist kann sich an alles gewöhnen. Aber es sind harte Bedingungen. Meine Güte. Verdammt noch mal, ich bin froh, wenn ich wieder Zuhause bin.<< 

Rund ein Drittel der insgesamt 45.000 Seemeilen hat Herrmann geschafft.  Vor Mitte Januar wird er nicht am Ziel sein. Bis dahin kämpft er gegen die Naturgewalten. 

O-Ton Boris Herrmann >>Natürlich verändert sich die Wahrnehmung vom Rennen, auch mit den Ausfällen. Es gibt eine gewisse Demut und es gibt eine große Hoffnung. Ich möchte unbedingt ankommen, eine große Sehnsucht anzukommen, heil hier durchzukommen. Natürlich, die Regatta ist mir wichtig, aber sie tritt bisweilen in den Hintergrund. Ich will auf keinen Fall irgendwas aufs Spiel setzen.<< 

Nur 47 % der Teilnehmer und Teilnehmerinnen erreichen bei der Vendée Globe durchschnittlich das Ziel. Sie gilt als härteste Solo-Regatta der Welt. Warum hat Boris Herrmann spätestens Anfang dieser Woche miterlebt. Der Franzose Kevin Escoffier war in Seenot geraten. Fast zwölf Stunden harrte der Franzose auf einer kleinen Rettungsinsel im zehn Grad kalten Meer aus. Sein Landsmann Jean Le Cam konnte ihn schließlich retten. 

O-Ton Jean Le Cam >>Ich habe mich in Luv vor ihm gestellt, ich sah Kevin, und  Kevin fragte mich, kommst du zurück, ich sagte nein, wir machen das jetzt! Ich warf ihm den Rettungsring zu, und er fing ihn auf, und dann gelang es ihm, die Übertragungsstange zu fangen, und das war's.<< 

Auch Boris Herrmann hatte sich an der Suchaktion beteiligt. Den ersten Schock hat er mittlerweile offenbar überwunden.  

O-Ton Boris Herrmann >>Ich habe es verarbeitet, glaube ich, zumindest habe ich es hinter mir gelassen. Es beschäftigt mich nicht mehr so doll. Mich beschäftigen jetzt meine eigenen Geschicke wieder mehr: Wie komme ich durch den Tag? Wie komme ich mit meiner Stimmung zurecht? Mit meinem Schlaf? Wie macht sich mein Boot und vor allem, wie kriege ich es hin, wieder eine bessere Geschwindigkeit an den Tag zu legen. Mich hat das bis gestern stark beschäftigt. Ich habe auch noch mal eine Träne verdrücktDie Sache war einfach auf Messersschneide.<< 

Auch Boris Herrmann musste bereits eine Grenzerfahrung machen. Ein Fallschloss am Vorsegel funktionierte nicht mehr richtig, so dass er im Dunkeln auf den 29 Meter hohen Mast steigen musste. 

O-Ton Boris Herrmann >>Ich habe Höhenangst. Ich habe überhaupt Angst, auf Masten zu klettern. Damit kannst du mich jagen. Auch an irgendeiner Steilwand mich abzuseilen, selbst, wenn sie nicht wackelt. Da muss man wirklich ganz weit aus seiner Komfortzone herausgehen.<< 

Er habe drei Kreuze gemacht, als er wieder unten war, erzählt Herrmann. Zur Belohnung gab es ein Stück Schokolade. Ganz wichtig für Herrmann ist der stete Kontakt zur Außenwelt. Auch wenn er diese Solo-Regatta gewählt habe, sei er kein Eigenbrötler. Zum 2. Advent werde er wieder all die WhatsApp-Nachrichten und Wünsche lesen, die ihn erreichen. Das ist seine Art, zu entspannen. 

 

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