Mönchengladbach nach Pokalaus Was hat dich bloß so ruiniert?

Der Assistenztrainer wird im Netz übel beleidigt, der Nochtrainer steckt in der Krise: Borussia Mönchengladbach ist dabei, in wenigen Wochen eine ganze Saison zu verspielen.
Aus Mönchengladbach berichtet Marcus Bark
Am Boden: Gladbachs Tobias Sippel und Matthias Ginter

Am Boden: Gladbachs Tobias Sippel und Matthias Ginter

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INA FASSBENDER / AFP

Vor ein paar Tagen drehte ein Video eine Runde durch das Internet, in dem Fußballer wie Toni Kroos und Niklas Süle Hassbotschaften vorlasen, um auf Cybermobbing aufmerksam zu machen. Ihre Spieleragentur, die das Video in Auftrag gegeben hatte, wird sich bewusst gewesen sein, dass die kurzfristige Aufmerksamkeit aber kaum Besserung bringen wird.

Es muss niemand Weltmeister und mehrmaliger Gewinner der Champions League sein, um übel beleidigt zu werden. Es reicht, Assistenztrainer bei Borussia Mönchengladbach zu sein und sich nach einer Niederlage Arm in Arm mit einem Fußballer zu zeigen, der beim Gegner spielt.

René Marić erlebte das am Dienstagabend nach dem 0:1-Pokalaus von Borussia Mönchengladbach gegen Borussia Dortmund. Maric war vor einem Millionenpublikum vor den TV-Bildschirmen mit Dortmunds Erling Haaland gezeigt worden, den er bei RB Salzburg mal trainierte. Geht gar nicht, urteilte ein recht großer Teil der sogenannten Netzgemeinde. »Du elender Pisser« sei stellvertretend für die Beleidigungen aufgeführt, die Marić über sich bei Twitter ergehen lassen musste.

Er nahm es bemerkenswert souverän, zeigte gar ein gewisses Verständnis. »Naiv, emotional und unbedacht« sei das spontane Treffen mit Haaland gewesen, den er in der kommenden Saison vermutlich wieder trainieren wird.

»Diese Situation fordert mich«

Marić jedenfalls wird zu Borussia Dortmund wechseln und seinem Chef Marco Rose folgen, der keinen Account bei Twitter besitzt. Beschimpft wird Rose trotzdem seit gut zwei Wochen, nicht nur im Internet. Seitdem der Wechsel zum BVB bekannt gegeben wurde, verlor er sämtliche vier Pflichtspiele, im Viertelfinale des DFB-Pokals schied er nun gegen seinen neuen Klub aus.

Es war Dortmunds vierter Sieg im vierten Spiel, seitdem bekannt wurde, dass Edin Terzić im Sommer für Rose Platz machen muss und vermutlich auf eine Stufe mit Marić zurückweichen. Das sei ihm »völlig egal«, sagte der Trainer des BVB, er habe auch nicht gegen Rose gewonnen, »sondern Borussia Dortmund gegen Borussia Mönchengladbach«. Rose hingegen räumte erstmals offen ein: »Diese Situation fordert mich und geht natürlich nicht spurlos an mir vorüber.« Dass Gladbachs Sportdirektor Max Eberl ihm fast täglich die Treue bis zum Saisonende schwört, soll vermutlich helfen. Der Mannschaft hat es allerdings bisher nicht geholfen.

Eine »unglückliche Niederlage« aber, wie sie Rose sah, war das 0:1 zuvor kaum. Die Gladbacher kamen nur zu ganz wenigen Chancen, im Angriffsdrittel fehlte es erneut an Präzision, Finesse und Überzeugung. Zudem fiel die Leistung der Gladbacher wieder einmal in der zweiten Halbzeit signifikant ab. So wie es auch am Wochenende beim 2:3 in Leipzig zu beobachten war. Und am Samstag wartet mit dem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen die nächste Aufgabe mit Signalwirkung. Es sind die Wochen, in denen die Borussia die Erträge einer ganzen Saison zu verspielen scheint.

Ein Spiel auf bescheidenem Niveau

Generell wurde das Pokalspiel von zwei Teilnehmern des Achtelfinales der Champions League auf bescheidenem Niveau geführt. Viele Angriffe, die vielversprechend aussahen, wurden auf beiden Seiten mit Fehlpässen jäh beendet. Einer jedoch wurde präzise und in höchstem Tempo vorgetragen, Jadon Sancho schloss ihn mit dem entscheidenden Tor ab.

Der Ausgangspunkt des Angriffs war bezeichnend für die aktuellen Situationen der beiden Borussias. Gladbachs Florian Neuhaus, der unter Rose zum Nationalspieler wurde und berechtigte Hoffnungen haben darf, bei der Europameisterschaft im Sommer zu spielen, spielte einen Fehlpass. Nico Schulz, der seit Monaten kaum eine Rolle spielt und nur dank der Verletzung von Raphaël Guerreiro früh eingewechselt wurde, fing den Ball ab und startete den Konter, der ins Halbfinale führte.

Der BVB war vor allem in diesem einen Angriff besser. Ansonsten war es vor allem der »Kampf«, wie Mats Hummels ohne zu überlegen sagte, der den Gästen den Sieg bescherte. Der Innenverteidiger lobte seinen Trainer, der »mit viel Feuer« dabei sei, aber »auch mit taktischem Wissen«. Die Verbesserung unter dem Nachfolger von Lucien Favre, die Hummels schon bei schlechten Ergebnissen gesehen hatte, sei jetzt für jeden sichtbar. Dies gelte es nun in den kommenden Wochen zu bestätigen.

Die härteste Prüfung steht schon am Samstag an. Borussia Dortmund spielt dann beim FC Bayern. Eine deutliche Niederlage, wie sie der Borussia so häufig in den vergangenen Jahren passierte, dazu noch ein Lächeln nach dem Schlusspfiff und eine herzliche Verabschiedung von den ehemaligen Münchner Kollegen – das würde auf den verschiedenen Accounts von Hummels in Sozialen Netzwerken für üble Beleidigungen sorgen.

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