Gut zu wissen Bringt Spitzensport die Bevölkerung in Bewegung?

Olympia 1972 in München
Foto: ZUMA Press / action pressNach mehreren gescheiterten Anläufen sondiert der deutsche Sport erneut eine Olympia-Bewerbung. »Wir sollten den Mumm haben«, sagte Andreas Michelmann, Präsident des Deutschen Handballbunds, vergangene Woche zu einer möglichen Kandidatur für 2036. Der Funktionär verwies auf die Sommerspiele 1972 in München, die dem Sport hierzulande einen Aufschwung beschert hätten, »auch in der Breite«. Ein solcher Impuls sei »bitter nötig«, so Michelmann.

Die Panzerwende
Wochenlang zögerte Olaf Scholz mit der Freigabe von Kampfpanzern, dann kam der Durchbruch. Eine internationale Allianz soll der Ukraine nun mehrere Dutzend Leopard 2 liefern. Der von Wladimir Putin angezettelte Krieg geht in eine neue Phase. Wie kam es zum Sinneswandel des Kanzlers?
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Dass Sportgroßereignisse im eigenen Land mehr und vor allem junge Menschen zum Sporttreiben animieren, ist ein häufig bemühtes Argument von Olympia-Befürwortern. Die Winterspiele von Peking im vergangenen Jahr sollten angeblich 300 Millionen Chinesen für Schnee- und Eissport begeistern, so zumindest propagierte es das Internationale Olympische Komitee. Schon 2012 standen die Sommerspiele in London unter dem Motto »Inspire a Generation«. Mit der Realität hatte das wenig zu tun: Die Quote der Sporttreibenden auf den britischen Inseln stagnierte im Nachgang zu den Spielen. Schlimmer noch: Heute sind in Großbritannien fast ein Viertel aller Kinder zwischen zehn und elf Jahren adipös, mehr als noch vor einer Dekade.
London ist kein Einzelfall. Zu diesem Schluss kommt ein luxemburgisch-französisches Forschungsteam. Fünf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten drei Dutzend Studien aus, in denen der Frage nachgegangen wurde, welchen Effekt Spitzensport auf die körperliche Aktivität in der Bevölkerung hat. Die Arbeiten, auf die sich die Forscher dabei stützten, beleuchten nicht nur die Wirkung, die von Sportgroßereignissen wie Olympia ausgeht, sondern auch den allgemeinen Einfluss von Leistungssportlern und deren Erfolgen auf das Sportverhalten an der Basis.
Ihr ernüchterndes Fazit: Es lasse sich nicht belegen, dass Spitzensport die Bevölkerung in ihrem Sportverhalten beeinflusse. Entscheidungsträger sollten sich dieser »begrenzten Wirkung« bewusst sein und »ihre Maßnahmen entsprechend anpassen«, indem sie in bessere Strategien investieren, schreiben die Wissenschaftler im »Journal of Physical Activity and Health«.
Als positives Beispiel nennen die Forscher Spanien: Dort hätten sich mehr Menschen sportlich betätigt, nachdem neue Sportstätten gebaut worden waren – und nicht, als der spanische Spitzensport vermehrt Erfolge auf internationalem Level feierte.