

Die Ausbeute ist verheerend: 1991: Aus in der Vorrunde, 1995: Aus in der Vorrunde, 1999: Aus im Viertelfinale, 2003: Aus in der Vorrunde, 2007: Aus in der Vorrunde.
Wer Nigerias Frauenfußball-Nationalmannschaft schmeicheln möchte, nennt ihre bisherige WM-Bilanz "ausbaufähig". Ehrlicher wäre es zu sagen: Bei dem wichtigsten Turnier der Welt spielte das Team, das auf seinem Heimatkontinent nahezu unschlagbar ist, kaum eine Rolle.
Der Trend beim Afrika-Meister scheint sich auch in Deutschland fortzusetzen. Den "Super Falcons" (Super-Falken) droht einmal mehr der Absturz. Im Eröffnungsspiel gegen Frankreich verlor Nigeria nach schwacher Leistung 0:1 (0:0). Die Niederlage setzt das Team vor dem Duell mit der deutschen Nationalmannschaft am Donnerstag (20.45 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) stark unter Druck. Eine weitere Pleite, und der Verband könnte die Heimreise für kommenden Mittwoch buchen. Einen Tag zuvor steht das letzte Gruppenspiel gegen Kanada an.
Es gibt nur wenige Mannschaften, die auf der ganz großen Bühne so regelmäßig die Erwartungen enttäuschen wie Nigeria. Nur zwei Spiele hat die Auswahl bisher bei ihren fünf WM-Teilnahmen gewonnen. Dem stehen zwölf Niederlagen und insgesamt 48 Gegentore gegenüber. In Afrika sieht es anders aus. Dort gibt es für Nigeria keine nennenswerte Konkurrenz. Mit sechs Siegen aus sechs Partien beendete man die WM-Qualifikation. Das Endspiel gegen Äquatorialguinea, das sich ebenfalls für das Turnier in Deutschland qualifiziert hat, gewann Nigeria 4:2.
Anspruch und Wirklichkeit
Doch die Diskrepanz zwischen dem Niveau afrikanischer Mannschaften wie Mali oder Tansania und den WM-Teilnehmern ist groß. Ausgerechnet gegen die deutschen Fußballfrauen, den Titelverteidiger, ist Nigeria nun zum Siegen verdammt. Beim DFB ist man spätestens seit Dienstag bemüht, den kommenden Gegner starkzureden. Verteidigerin Linda Bresonik sagte: "Die werden sich zerreißen. Für sie geht es ja jetzt schon um die Wurst. Das wird ganz schwer."
Geradezu trügerisch leicht fiel hingegen das bislang letzte Aufeinandertreffen beider Teams zugunsten Deutschlands aus. Im November 2010 verloren die Nigerianerinnen in Leverkusen 0:8. Streckenweise hatte man den Eindruck, als verzichte das deutsche Team allein aus Höflichkeit auf eine noch größere Demütigung des Gegners.
Der trat damals mit fast derselben Elf an wie bei der WM-Auftaktpleite gegen Frankreich. Es wirkt deshalb etwas bemüht, wenn Silvia Neids Co-Trainerin Ulrike Ballweg warnt: "Für eine Überraschung ist eine afrikanische Mannschaft immer gut. Von ihren technischen und athletischen Voraussetzungen bringen sie alles mit." Das nigerianische Auftaktspiel gegen Frankreich lässt allerdings eine andere Frage zu: Was kann dieses Team wirklich leisten?
Fast 90 Minuten lang war die Mannschaft von Trainerin Eucharia Uche dem Gegner unterlegen. In der Abwehr patzte nicht nur Osinachi Ohale vor dem Gegentor schwer. Vorne vergab Desire Oparanozie die beste Chance des Spiels kläglich. Zwischen Abwehr und Mittelfeld klafften große Lücken. Uches Fazit nach der Partie fiel dennoch schmeichelhaft aus: "Hätten wir unsere Chancen genutzt, hätten wir gewonnen."
Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit im nigerianischen Team ist am besten an Starspielerin Perpetua Nkwocha auszumachen. Afrikas Fußballerin des Jahres 2010, die angekündigt hatte, "zum Siegen" nach Deutschland gekommen zu sein, tauchte gegen Frankreich unter. Beim Afrika-Cup hatte die 35-jährige Stürmerin noch elf Tore erzielt. Sie gilt in der jungen Mannschaft als Führungsspielerin, doch auch Nkwocha scheint bei der WM das leisten zu können, was sie zu leisten im Stande ist.
Trainerin Uche vor dem Aus
Noch nie hatten sich Nigerias Fußballfrauen so intensiv auf eine WM vorbereitet. Oftmals unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde bereits seit Ende Februar trainiert. Der Deutsche Thomas Obliers, ehemaliger Coach des Frauenfußball-Bundesligisten SC Bad Neuenahr, soll helfen, taktische Fehler abzustellen. Bundestrainerin Silvia Neid findet, er habe bereits einiges bewirken können. Obliers habe "taktisch gut" gearbeitet. "Man sieht seine Handschrift."
Es passt zu dieser nigerianischen Mannschaft, dass ein zusätzlicher Trainer für elementare Dinge des Fußballs verpflichtet werden musste. Es ist nicht das einzige Problem der eigentlichen Cheftrainerin Uche. Sie betreut das Team seit 2009 und ist die erste Frau auf diesem Posten. Seither steht die 38-Jährige beim nigerianischen Verband beinahe permanent in der Kritik.
Zuletzt sorgte sie selbst mit Äußerungen über Homosexualität ("schmutzige Praktiken") in der "New York Times" für Aufregung. Die Fifa schaltete sich ein. Am Mittwoch erklärte Uche: "Es tut mir leid, dass so eine Situation entstanden ist." Und fügte hinzu: "Ich habe niemals derartige Aussagen gemacht." Für sie wäre ein erneutes Vorrunden-Aus bei der WM wohl auch das Ende als Nationaltrainerin.
Das scheint nur vermeidbar, wenn Precious Dede gegen Deutschland noch stärker hält als sonst. Die 31-Jährige spielt in ihrer Heimat beim Club Rivers Angels, gilt als beste Torhüterin Afrikas und war bereits gegen Frankreich auffälligste Spielerin Nigerias. Angesichts von bisher sechs Niederlagen in sechs Spielen gegen die DFB-Auswahl dürfte das am Donnerstagabend kaum anders sein. Bei Nigeria gibt es derzeit anscheinend niemanden, der Pleite Nummer sieben verhindern könnte.
Nur einer sieht das offenbar anders. Man gehe mit "neuem Selbstbewusstsein" in die Partie gegen Deutschland, sagte Taktiktrainer Obliers. Wie er zu dieser Einschätzung kommt, sagte er nicht.
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