

Für Kerstin Garefrekes sind dies Tage nach Wunsch. Unlängst hatte der DFB seine Frauenmannschaft vor dem Eröffnungsspiel gegen Kanada ins Gelände außerhalb Berlins geschickt, um bei einer Schnitzeljagd mit GPS-Geräten das Miteinander im Team noch weiter zu stärken. Für Garefrekes war dies eine ihrer leichtesten Übungen: Die 31-Jährige betreibt das sogenannte Geocaching als ihr privates Hobby und war denn auch die natürliche Anführerin des Teams bei der Schatzsuche.
Auch auf dem Platz war Garefrekes am Sonntag dann diejenige, die gegen die Kanadierinnen beim 2:1-Erfolg die Orientierung behielt. Die Stürmerin des 1. FFC Frankfurt sorgte per Kopf für die frühe Führung und war an den meisten weiteren Offensivaktionen beteiligt. Wenn sie auch in der zweiten Halbzeit eine tausendprozentige Torchance vergab und sich anschließend darüber am meisten geärgert hat ("Den habe ich vergeigt, das war schon die Kategorie Mario Gomez"), so wurde sie dennoch nach dem Abpfiff von der Technischen Kommission der Fifa vollkommen zu Recht zum "Player of the Match" gewählt.
Eine Ehrung, die der Spielerin an sich gar nicht so behagt. Garefrekes kommt aus dem Münsterland, eine Region, über die man sagt, dass die Menschen dort das Reden nicht erfunden haben. Die 31-Jährige fühlt sich jedenfalls auf dem Platz weit wohler als bei Pressekonferenzen oder gar Fotoshootings.
Das Rampenlicht überlässt sie anderen
Garefrekes hat es mittlerweile auf 127 Länderspiele gebracht, nur Birgit Prinz (213) und Ariane Hingst (173) können im deutschen Kader mehr Einsätze aufweisen. Sie ist zweimal Weltmeisterin geworden, zweimal Europameisterin, hat mit ihrem Club FFC Frankfurt etliche nationale Erfolge gefeiert - aber das Rampenlicht überlässt sie mit Vorliebe anderen. Ihrer künftigen Vereinskollegin Fatmire Bajramaj zum Beispiel.
Bajramaj spielte zur Eröffnung als Einwechselspielerin zwar nur äußerst unauffällige 20 Minuten. Trotzdem reckten sich ihr anschließend die meisten Mikrofone entgegen. Neben ihr in der Mixed Zone musste Mittelfeldspielerin Kim Kulig Frage auf Frage beantworten. Garefrekes dagegen beließ es bei einem kurzen Auftritt in der offiziellen Pressekonferenz. Drei, vier Sätze, dann genoss sie still die WM-Atmosphäre in Berlin. "Ich habe am liebsten meine Ruhe - aber ich bleibe auch stehen, wenn man etwas von mir wissen will."
Von daher fühlt sie auch keinen Neid, wenn andere im Team die große Aufmerksamkeit und die lukrativen Werbeverträge erhalten. "Ich bin gut abgesichert", hat sie der "Frankfurter Rundschau" mal gesagt. es sei "nicht ihr Lebensziel, möglichst viel Geld zu verdienen". Sie wolle "einfach nur gut Fußball spielen".
Auf beiden Flügeln einsetzbar
Das wiederum gelingt Garefrekes ausnehmend gut. Die offensive Mittelfeldspielerin ist rechtzeitig zur WM im eigenen Land in Bestform. Sie beackerte die Außenbahnen 90 Minuten lang. Sie ist diejenige, die regelmäßig die größten Entfernungen auf dem Platz zurücklegt. Beim Kanada-Spiel beorderte Bundestrainerin Silvia Neid Garefrekes schon nach einer Viertelstunde von ihrer angestammten rechten Angriffsseite auf den linken Flügel und ließ sie mit ihren Offensivkolleginnen Melanie Behringer und Celia Okoyino da Mbabi mehrfach die Position wechseln. Auch diesen Job verrichtete Garefrekes solide - auf rechts ist sie allerdings noch erheblich effektiver.
Für die Mannschaft ist der stille Star Garefrekes unverzichtbar. Neid hat im Angriff zahlreiche Optionen, sie hat in der Vorbereitung fast alle durchgespielt. Die Position von Garefrekes dagegen war immer unumstritten. Es gibt nur wenige in der Mannschaft, die ihren Platz so sicher haben wie sie. In den vergangenen 13 Länderspielen stand Garefrekes immer in der Anfangself. Es spricht alles dafür, dass sie diese Serie im Turnier ausbauen wird. Eine andere Serie hat sie jetzt schon gehalten: Auch in den Auftaktpartien der Weltmeisterschaften 2003 und 2007 schoss Garefrekes ihr Tor.
Seit zehn Jahren gehört sie zum festen Kader der Nationalelf, ans Aufhören denkt Garefrekes noch lange nicht. "Meine Ausdauer- und Schnelligkeitswerte waren noch nie besser als derzeit." Garefrekes gehörte am Sonntag denn auch folgerichtig zu denen, die auch noch kurz vor Schluss scheinbar mühelos ihre Tempoläufe ansetzen konnte. Von Müdigkeit keine Spur.
Mit der Leistung im Eröffnungsspiel war sie trotzdem nicht ganz zufrieden: "Wir haben noch viel Potential nach oben und müssen uns steigern." Das klingt wie eine Drohung für alle Gegnerinnen.
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Sie war die Frau des Spiels: Mittelfeldspielerin Kerstin Garefrekes war gegen Kanada die unermüdliche Antreiberin in der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft. In der Eröffnungspartie
tauchte sie auch immer wieder brandgefährlich vor dem gegnerischen Tor auf. Bereits...
...in der zehnten Minute erzielte sie das erste Tor für die DFB-Frauen. Es war ihr bisher 42. Treffer in der Nationalmannschaft. Doch nur selten...
...dürfte die 31-Jährige so über ein Tor gejubelt haben. Ihre Mitspielerinnen...
...konnten Garefrekes kaum halten. Doch nach...
...dem großen Jubel...
...folgte die Ernüchterung. In bester Mario-Gomez-Manier bugsierte sie den Ball in der zweiten Halbzeit aus kurzer Distanz über die Querlatte. Garefrekes konnte es selbst kaum glauben. Dennoch war sie die stärkste deutsche Spielerin, überzeugte nicht nur als Torschützin, sondern auch...
...durch ihren Einsatz und ihre enorme Lauffreude.