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FUSSBALL Experiment im Internet

aus DER SPIEGEL 42/2009

Unter den Fußballfans in Großbritannien war der Aufschrei gewaltig, als bekannt wurde, dass ein Spiel der englischen Nationalmannschaft erstmals ausschließlich im Internet gezeigt würde. Wer vorigen Samstag die Übertragung der Partie in der Ukraine live am Computer verfolgen wollte, musste eine Gebühr zwischen 4,99 und 11,99 Pfund bezahlen - je später die Buchung, desto teurer. Eingefädelt hatte den Deal die Sportrechte-Agentur Kentaro. Laut Geschäftsführer Philipp Grothe wollte keiner der großen englischen Fernsehsender die Ausstrahlungsrechte für die Partie erwerben. Grothe ist zuversichtlich, dass die »Exklusiv-Übertragung von Premiumspielen im Internet die Zukunft ist«. Demnach erreicht seine Firma bei 300 000 Anmeldungen die Gewinnzone. Mit ins Boot nahm Kentaro die 40 größten Verlagshäuser Englands - sie kassierten eine Provision für jeden Zuschauer, der sich über ihre Homepages zur Anmeldung für das Spiel durchklickte. Um bei dem Vermarktungsexperiment mit dem Volksgut Fußball nicht allzu große Empörung zu entfachen, ließ Kentaro auch ausgewählte Kinos das Match übertragen. Wer sich beim Wettanbieter Bet365 registrierte und ein Konto anlegte, war kostenlos mit von der Partie. Außerdem wurde der Dienst am Vaterland belohnt - für 72 000 Soldaten Ihrer Majestät gab es das Länderspiel gratis. Dass Fußballfans in Deutschland eine Partie der DFB-Auswahl demnächst nur noch im Internet verfolgen können, ist nicht zu erwarten. Der Rundfunkstaatsvertrag regelt, dass »Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung« im frei empfangbaren Fernsehen zugänglich sein müssen - dazu gehören auch die »Heim- und Auswärtsspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft«.

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