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Formel-1-Rennen in Baku: Red Bull dezimiert sich selbst

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Teamduell Verstappen vs. Ricciardo Crash mit Ansage

Daniel Ricciardo und Max Verstappen sind Teamkollegen, doch beim Großen Preis von Aserbaidschan bekämpften sie sich unerbittlich - bis es knallte. Bei dem Duell geht es um mehr als WM-Punkte.

Red-Bull-Motorsport-Koordinator Helmut Marko war eigentlich schon auf dem Weg zum Flughafen, als ihm im Fahrerlager in Baku noch Sebastian Vettel über den Weg lief. Obwohl der viermalige Weltmeister letztlich durch den Crash der beiden Red-Bull-Piloten Max Verstappen und Daniel Ricciardo und die anschließende Safety-Car-Phase einen schon fast sicher geglaubten Sieg verpasst hatte, war er gut gelaunt.

Seinem früheren Chef sagte er sarkastisch: "Als ich deine beiden Autos da draußen stehen gesehen habe, habe ich nur gedacht, das kommt mir doch bekannt vor." Tatsächlich hatte der 30-Jährige wohl ein Déjà-vu: 2010 waren er selbst und sein damaliger Red-Bull-Teamkollege Mark Webber in Istanbul so heftig aneinandergeraten, dass sie zunächst von der Strecke flogen und sich anschließend zofften.

Anders als Vettel war Marko nicht zum Scherzen aufgelegt. Kurz nach seinem 75. Geburtstag hatten ihm seine Fahrer ein unwillkommenes Geschenk gemacht. Eines, das sich schon das ganze Rennen über angedeutet hatte, etwa, als Verstappen Ricciardo einmal beinahe an die Mauer drückte. Die Teamkollegen lieferten sich vom Start weg einen erbitterten Zweikampf, bei dem klar war: Irgendwann würde es krachen.

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Offiziell dürfen beide frei gegeneinander fahren, eine Stallorder existiert nicht. Aber ein paar Mal mahnten die Renningenieure über Funk, doch bitte etwas Vorsicht walten zu lassen. Ohne Erfolg.

Ab der 35. Runde spitzte sich das Duell zu. Erst gelang es Ricciardo, Verstappen zu überholen. Dann legten die beiden ihre Boxenstopps ein, woraufhin der Niederländer wieder nach vorn kam. Eine Runde später geschah, was viele hatten kommen sehen: Ricciardo wagte einen Angriff, Verstappen wechselte beim Verteidigen mehrmals die Linie - rumms.

"Normaler Rennunfall", urteilten einige Experten, etwa Ex-GP-Fahrer Anthony Davidson bei Sky England. Niki Lauda sah die Schuld eher bei Verstappen, "wegen des Linienwechsels". Die Fia beließ es bei einer Ermahnung für beide Fahrer, "weil beide zugegeben haben, ihren Teil dazu beigetragen zu haben. Verstappen durch den Linienwechsel, Ricciardo, weil er auch etwas zu spät gebremst habe."

"Das darf uns nicht passieren"

Außerdem hätten sich auch beide für ihr Fehlverhalten entschuldigt. Was zu dem Bild passte, das sie vor den TV-Kameras abgaben. Da wirkten sie kleinlaut und verlegen, Schuldzuweisungen blieben aus. "Das darf uns nicht passieren, bisher waren unsere Duelle immer fair", sagte Verstappen. "Wir können nur gegenseitig Sorry sagen", sagte Ricciardo.

Das klang zahm, konnte Marko aber nicht besänftigen: "Mir ist egal, wer schuld ist, ich will auch nicht einen mehr oder weniger beschuldigen. Aber beide Fahrer sollten so viel Hirn haben, um so einen Unfall zu vermeiden. Wir werden Maßnahmen ergreifen, dass so etwas nicht noch einmal passiert", sagte Marko. Gemeint ist wohl eine offizielle Teamorder. Eigentlich hält Marko als ehemaliger GP-Pilot davon nicht viel, er ist immer ein Racer geblieben. Dennoch müsse er jetzt "über alles nachdenken," so Marko. Er trage schließlich die "Verantwortung für 900 Mitarbeiter zu Hause im Werk". Als Sofort-Erziehungsmaßnahme müssen die beiden Fahrer dort, in Milton Keynes, noch vor dem Spanien-GP erscheinen, um sich bei den Mitarbeitern zu entschuldigen.

Wie aber geht es grundsätzlich weiter bei Red Bull? Marko hält Verstappen und Ricciardo in Kombination für die "momentan stärkste Fahrerpaarung in der Formel 1". Er würde das Duo gern halten. Vor allem, weil im restlichen Red-Bull-Fahrerkader kaum jemand vom gleichen Niveau zu finden ist. Und weil er weiß: Bei zwei wirklich starken Fahrern im selben Team knallt es meistens irgendwann. Entscheidend ist, anschließend zur Normalität zurückzufinden.

"Ich bin ein loyaler Typ"

Doch Ricciardos Vertrag läuft am Saisonende aus, der Australier muss sich überlegen, was er tut. Schließlich hat der China-Sieger inzwischen das Interesse von Mercedes und auch Ferrari geweckt. In beiden Rennställen laufen nach dieser Saison Verträge aus, der von Valtteri Bottas bei Mercedes, der von Kimi Räikkönen bei den Roten. Und speziell der bei Mercedes einflussreiche Lauda lobte Ricciardo zuletzt auffallend deutlich.

Ricciardo behauptet, es habe außer mit Red Bull noch mit keinem anderen Team Gespräche über die Zukunft gegeben. "Ich bin jetzt schon zehn Jahre bei Red Bull, und ich weiß, was ich ihnen verdanke. Ich bin ein sehr loyaler Typ", sagte der 28-Jährige: "Aber ich will in dem Auto sitzen, mit dem ich die WM gewinnen kann."

Und er will natürlich im Team gut positioniert sein - in welchem auch immer. Bei Mercedes gegen Lewis Hamilton und bei Ferrari gegen Vettel wäre das nicht so einfach. Weshalb er natürlich auch versucht, sich bei Red Bull intern gegen Verstappen zu profilieren. Was zu Aktionen wie nun in Baku führen kann.

Schließlich weiß auch Ricciardo, dass eher Verstappen als kommender Superstar gesehen wird. Angesichts der starken Entwicklung bei Red Bull ist ein möglicher Abgang zu einem Top-Rennstall aber nicht unbedingt sicher. "Ich würde an Daniels Stelle jetzt nicht von uns weggehen", hatte ausgerechnet Max Verstappens Vater Jos im Laufe des Wochenendes noch gesagt.

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