Formel-1-Spionage Fia-Präsident geht in die Berufung

Am Wochenende kämpfen McLaren-Mercedes und Ferrari in Ungarn wieder um WM-Punkte. In der Spionage-Affäre steht der Sieger derweil schon fest. Doch der Freispruch für McLaren reicht Automobil-Weltverbandschef Max Mosley nicht. Er will den Fall noch einmal aufrollen lassen.

Hamburg - Mosley will vor das Berufungsgericht des Automobil-Weltverbandes (Fia) ziehen, um die Entscheidung bestätigen zu lassen und das Silberpfeil-Team zu entlasten. Das teilte Mosley in einem Brief dem Präsidenten des italienischen Verbandes, Luigi Macaluso, mit, der vor allem im Sinne von Ferrari in einem Schreiben an Mosley das Urteil angezweifelt hatte.

"Wegen der Wichtigkeit und des öffentlichen Vertrauens in die Entscheidung werde ich die Angelegenheit an das Fia-Berufungsgericht weiterleiten mit der Bitte, dass das Gericht Ferrari und McLaren sowie jeden anderen Wettbewerber, der das wünscht, anhören soll", schrieb Mosley. Das Gericht solle herausfinden, "ob die Entscheidung des World Motor Sport Council angemessen war oder, wenn nicht, eine andere Entscheidung zu fällen sei".

Das World Council der Fia hatte am 26. Juli in Paris McLaren-Mercedes nicht dafür bestraft, dass der inzwischen entlassene Chef-Designer Mike Coughlan im Besitz vertraulicher Ferrari-Daten war, weil der Rennstall diese Informationen nicht verwendet habe, um die WM zu beeinflussen. "Wir schauen dem Verfahren vor dem Fia-Berufungsgericht mit Ruhe und im vollen Bewußtsein, kein Reglement gebrochen zu haben, entgegen. Wir führen die Formel-1-WM in Fahrer- und Konstrukteurswertung an, weil wir eigene Ideen in Leistung umgesetzt haben und nicht etwa, weil wir im Besitz fremder Unterlagen waren", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug: `Wir konnten zu keinem Zeitpunkt Nutzen aus solchen Dokumenten ziehen, und exakt dies hat der World Motor Sport Council vor einer Woche bestätigt. Wir kennen diese Dokumente nicht und wollen deren Inhalt auch nicht kennenlernen."

Macaluso hatte das Unverständnis seines Verbandes darüber ausgedrückt, dass die Fia McLaren-Mercedes zwar des Bruches von Artikel 151c des Sporting Code für schuldig befunden, aber keine Strafe ausgesprochen habe. Macaluso behauptete nach Abstimmung mit Ferrari in seinem von der Fia veröffentlichen Schreiben an Mosley, dass hohe Vertreter von McLaren-Mercedes über mehrere Monate die Regeln gebrochen und dem direkten Konkurrenten geschadet hätten. Der Italiener forderte Mosley auf, das Berufungsgericht anzurufen.

Diesen Schritt geht der Fia-Präsident nun, aber offenbar eher aus dem Grund, um die Entscheidung seines Verbandes noch einmal bestätigen zu lassen. In seiner Antwort an Macaluso hatte der Brite ausführlich in mehreren Punkten erklärt, warum es keine Strafe gegen McLaren-Mercedes gegeben habe. Abgesehen von einem Hinweis im März und einer kurzfristig gezeigten Zeichnung habe "niemand bei McLaren von den Informationen gewusst oder Zugang dazu gehabt", führte Mosley unter anderem aus.

McLaren habe dargelegt, dass diese Daten allein im Besitz eines unzufriedenen Mitarbeiters gewesen seien, der damit nicht McLaren helfen, sondern eine private Datenbank für einen möglichen Job als Technischer Direktor bei einem anderen Team aufbauen wollte. Das World Council habe wegen fehlender eindeutiger Beweise, dass McLaren die Daten bekommen und genutzt habe, das Team nicht mit einer schweren Strafe wie dem WM-Ausschluss belegen können. Es sei allein die Verantwortung für seine Teammitglieder geblieben, so Mosley: "Ein Ausschluss oder ein Punktabzug schien nicht angemessen zu sein, wenn es wirklich nur um den Fall eines skrupellosen Mitarbeiters ging, der sich illegal für eigene Zwecke verbotenes Material beschafft hatte."

mt/sid

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