GP Monaco Die Rückkehr des Schummel-Schumi

Fernando Alonso fuhr in Monaco der Konkurrenz davon - und seiner Titelverteidigung entgegen. Dabei half ihm auch die patzende Konkurrenz. Michael Schumachers Regelverstoß im Qualifying gehört dazu. Die Konkurrenz ist genervt von dem Deutschen, für Ferrari war es ein unangenehmes Wochenende.
Von Stephan Gröne

Seit über 50 Jahren ist Ferrari in der Formel 1 dabei und in dieser Zeit zur wichtigsten Größte des weltweiten Rennzirkus geworden. Aber an der Schmach von Monaco hatte die "Scuderia" zu knabbern. Zum ersten Mal mussten gleich beide Autos aus der letzten Reihe starten.

Während Felipe Massa seinen Einsatzwagen im jugendlichen Überschwang schon im ersten Qualifying-Durchgang beinahe erwartungsgemäß an der Leitplanken zerbröselte und deshalb im Rennen hinter dem Feld herzuckeln musste, sorgte Michael Schumachers Degradierung von Pole Position nach ganz hinten für den heftigsten Eklat der vergangenen Jahre. Grob skizziert parkte Schumacher in der letzten regulären Qualifying-Runde seinen Ferrari etwas unübersichtlich in der zweiten Reihe direkt hinter der sowieso schon furchtbar engen Rascasse-Kurve.

Damit bremste er seine Konkurrenten derart unsportlich ein, dass rund 99 Prozent aller Beteiligten ihm, ohne zu zögern, Absicht unterstellten. Die Rennkommissare des Motorsportweltverbandes Fia brauchten trotzdem sagenhafte acht Stunden, um die Aberkennung der Pole Position öffentlich zu verkünden. Immerhin durfte der siebenfache Weltmeister aus der Boxengasse als letzter ins Rennen gehen.

Wäre es nach dem Willen des ehemaligen Champion Keke Rosberg gegangen, dessen Sohn Nico im Williams auch zu den Leidtragenden des Schummel-Manövers zählte, wäre Schumacher höchstens Zaungast geblieben: "Für mich ist er ein Drecksack! Er soll mit der Formel 1 aufhören, denn er schadet unserem Sport. Das ist der unsportlichste Tag, den ich jemals in der Formel 1 erlebt habe."

Markige Worte, und in der Hektik etwas übertrieben. Was bleibt ist ein erneuter und schwerwiegender Makel in der Biografie des siebenmaligen Weltmeisters. Wieder einmal brachte der Deutsche durch eigenwillige und unsportliche Aktionen die Formel-1-Welt gegen sich auf und fügte seiner langen Liste von Verstößen ein weiteres Kapitel an.

Am Renntag lief jedoch alles regelkonform. Durch allerlei Ausfälle und Safety-Car-Phasen begünstigt, donnerte Schumacher gegen Ende des Rennens eine beste Runde nach der anderen auf die Straßen von Monaco und geriet urplötzlich in ein ihm völlig unbekanntes Duell, als vor ihm sein ehemaliger Gefährte Rubens Barrichello im Honda auftauchte.

Ohne jede übergeordnete Stallregie kam er allerdings nicht vorbei, seine Aufholjagd führte ihn aber immerhin vom 22. auf den 5. Platz. Wirklich freuen konnte er sich darüber nicht: "Die Enttäuschung von gestern ist nach wie vor vorhanden. Speziell nach dem, was heute im Rennen möglich gewesen wäre. Die Härte der Bestrafung hat uns schockiert. Irgendwann blendet man das Ganze aus und konzentriert sich auf das Wesentliche."

Diese Kunst beherrschte auch das vor ihm liegende Veteranen-Trio. Wie so oft in der Vergangenheit war gesammelte Rennerfahrung in Monaco ein wesentlicher Baustein zum Erfolg. Neben dem erwähnten Barrichello fuhr der trotz allem recht behäbig wirkende Juan Pablo Montoya im Silberpfeil auf Rang zwei und platzierte sich damit vor der eigentlichen Überraschung des Rennens.

Die hieß David Coulthard, kommt aus Schottland, hat vor Ewigkeiten schon zwei Monaco-Siege eingefahren und gehört zurzeit dem Red Bull Racing Team an, das bislang mehr durch spektakuläre Promotion-Aktionen als Top-Ergebnisse auf sich aufmerksam machte. Ganz ohne modischen Ausfall ging aber auch der Grand Prix von Monte Carlo nicht über die Bühne. Coulthard musste wohl oder übel bei der Siegerehrung im roten Superman-Cape den Pokal von Fürst Albert II. entgegen nehmen. Was er davon hielt, ist nicht überliefert.

Spirenzchen dieser Art hat Weltmeister Fernando Alonso nicht mehr nötig. Zum vierten Mal in diesem Jahr fuhr er im Renault einen überlegenen Sieg nach Hause und bastelt weiter eifrig an seiner eigenen Legende. Erster Sieg in Monaco, 13. Podestplatz in Folge, seit fast zwei Jahren ohne technischen Defekt unterwegs - macht in der WM-Gesamtwertung summa summarum mindestens 21 Punkte Vorsprung auf die schon jetzt fast deklassierte Konkurrenz. Seinen Triumph widmete er dem unter tragischen Umständen gestorbenen Chef seiner Reifenfirma: "Dieser Sieg geht an Edouard Michelin, wir haben hier drei Michelin-Fahrer auf dem Treppchen. Diesen Tag werde ich rot in meinem Kalender ankreuzen."

Auch Nick Heidfeld (BMW Sauber) und Ralf Schumacher im Toyota werden das Rennen in halbwegs angenehmer Erinnerung behalten, immerhin beendeten sie es noch in den Punkten, während Nico Rosberg im Williams schon recht früh wegen Problemen mit dem Gaspedal anderen Fahrern Platz machen musste.

Das Schicksal teilte er mit prominenteren Kollegen. Allen voran mal wieder Kimi Räikkönen. Der Finne war lange Zeit der einzige, der Alonso das Leben schwer machte. Doch nach knapp der Hälfte des Rennens qualmte der Motor seines McLaren-Mercedes direkt vor den Augen des DaimlerChrysler-Chefs Dieter Zetsche. Als Fußgänger beendete Räikkönen das Rennen, hielt sich aber kurze Zeit später wieder in Hafennähe auf und sonnte sich mit Freunden auf einer Yacht.

Sollte Räikkönen wirklich am Saisonende zu Ferrari wechseln, hätte das süße Leben ein Ende. Auch wenn sein Kollege aller Voraussicht nach wohl nicht Schumacher heißen wird. Denn durch seinen Aussetzer hat er nicht nur sein eigenes Image schwer beschädigt, sondern auch den Ruf der Italiener böse lädiert. Eine Vertragsverlängerung über das Jahr 2006 hinaus scheint auch deshalb eher unwahrscheinlich - mit oder ohne dem achten Titel im Gepäck.

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